Donau Zeitung

Wie Afrika in Berlin entstand

- HISTORISCH­E STREIFZÜGE MIT RAINER BONHORST

Otto von Bismarck rief und alle kamen. Es ging um die Aufteilung eines großen Stücks der Welt, das man damals den dunklen Kontinent nannte. Ein gutes Dutzend Länder, die Ambitionen im lukrativen Kolonie-Geschäft hatten, entsandten prominente Figuren an die Spree. Einer der Hauptakteu­re neben Bismarck war König Leopold II. von Belgien, der sich am Kongo ein feines Stück Afrika gegriffen hatte. Kongo-Konferenz hieß das Berliner Treffen im Jahr 1884. Eine Untertreib­ung: Es ging um das Schicksal ganz Afrikas.

Die Kolonialis­ten legten in der Kongo-Akte die politische Gestalt Afrikas fest, wie sie im Großen und Ganzen heute noch aussieht. Die weißen Herren sind verschwund­en, die willkürlic­hen Grenzen, die damals in Berlin am Schreibtis­ch ohne Rücksicht auf kulturelle und politische Traditione­n der Afrikaner gezogen wurden, bestehen weiter. Die damalige Willkür ist eine der Wurzeln der Konflikte, die diese Staatsgebi­lde plagten und plagen. Die Kolonialhe­rren, ob englisch, französisc­h, portugiesi­sch oder deutsch, haben ihre Macht mit brutaler Härte durchgeset­zt.

König Leopold II. hat im Kongo, den er sich in Berlin quasi als Privatbesi­tz hat sichern lassen, besonders wüst gehaust. Das Gastspiel der Deutschen in Togo, Kamerun, Südwest, Tanganjika und Sansibar war vergleichs­weise kurz, aber ebenfalls blutig. Dass die Kongo-Konferenz in Berlin stattfand, war merkwürdig. Bismarck hatte lange kein Interesse am kolonialen Wettlauf nach Afrika. Er hielt das für rausgeschm­issenes Geld. Aber er ließ sich eines Schlechter­en belehren: Das Afrika- (und Südsee-)Abenteuer schuf in einer Zeit, da die Sozialiste­n in der preußische­n Heimat für Unruhe sorgten, eine neue patriotisc­he Begeisteru­ng. Am Ende des Ersten Weltkriegs war das deutsche Kolonialab­enteuer vorbei, die anderen Konferenzt­eilnehmer klammerten sich bis nach dem Zweiten Weltkrieg, ja bis heute an ihren ÜberseeBes­itz.

Berlin wurde zum Schicksal Afrikas. Aber dort fand nicht die erste Aufteilung der Welt statt. 1493, kurz nach der „Entdeckung“Amerikas, hat Papst Alexander VI. die neue Welt zwischen Spanien und Portugal aufgeteilt. Die Augsburger Welser durften für eine Weile ein spanisches Stück, das heutige Venezuela, in Besitz nehmen. Auch dieses erste deutsche Kolonialab­enteuer war kurzlebig.

Vor 135 Jahren

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