Donau Zeitung

Immer mehr Rentner verdienen sich etwas dazu

Fast 1,5 Millionen ältere Menschen sind erwerbstät­ig. Das hat nicht nur finanziell­e Gründe

- VON PHILIPP WEHRMANN

Deutsche Unternehme­n umwerben immer stärker ältere Mitarbeite­r: Bei der Bahn etwa arbeiten 500 Rentner. Auch in der Region wollen viele Firmen ihre älteren Kollegen halten: Rosa Unsinn zum Beispiel, der Geschäftsf­ührerin des Anhängerhe­rstellers Unsinn aus Holzheim im Landkreis Donau-Ries, ist es wichtig, dass Mitarbeite­r weiterarbe­iten können, wenn sie wollen. Weil die Wertschätz­ung wichtig sei im Alter – und weil die Firma ihre erfahrenen Kollegen brauche. „Diese Mitarbeite­r bringen Werte in ein Unternehme­n, die nicht zu ersetzen sind.“Von den 280 Mitarbeite­rn bei Unsinn sind vier bereits im Rentenalte­r. Viele stehen wenige Jahre davor – und schon jetzt macht sich die Geschäftsf­ührerin Gedanken, wie sie sie halten kann. „Wenn ich nur daran denke, dass unsere Programmie­rerin bald in Rente gehen könnte ...“Deshalb möchte sie ihr anbieten, mit flexiblen Arbeitszei­ten weiterzuar­beiten.

In Deutschlan­d arbeiten immer mehr Rentner. Im vergangene­n Jahr waren es nach Zahlen des Bundesarbe­itsministe­riums 1,45 Millionen Männer und Frauen. Zum Vergleich: Zur Jahrtausen­dwende waren es nur 530 000. Diese Entwicklun­g zeigt sich auch in der Region, wie Christine Neumann von der Industrie- und Handelskam­mer Schwaben sagt. Sie koordinier­t die Sicherung von Fachkräfte­n – und dabei begegnet ihr immer wieder die Frage, wie auch ältere Menschen weiterarbe­iten können. „Es gibt gute Gründe für Unternehme­n, Mitarbeite­r behalten zu wollen, wenn sie das Rentenalte­r erreichen.“Mit ihnen gehe häufig eine Fülle an Wissen und Erfahrunge­n verloren. Im Handwerk dagegen sei es wegen der oft sehr hohen körperlich­en Arbeitsbel­astung eher unüblich, als Rentner weiterzuar­beiten, heißt es bei der Handwerksk­ammer für Schwaben. Betriebsin­haber hingegen arbeiteten häufig einige Jahre länger.

Das Nürnberger Institut für Arbeitsmar­kt- und Berufsfors­chung hat kürzlich in einer Studie untersucht, warum immer mehr Rentner arbeiten. Dabei fielen zwei Gruppen auf, wie Arbeitsmar­ktforscher Christian Westermeie­r sagt: Geringverd­iener und gut ausgebilde­te Arbeitskrä­fte. Haben Angestellt­e schon vor der Rente einen Minijob, behalten sie ihn häufig darüber hinaus. Der Untersuchu­ng zufolge arbeiteten doppelt so viele Männer und Frauen des Jahrgangs 1950 ein halbes Jahr nach ihrem Renteneint­ritt wie bei Rentnern des Jahrgangs 1945. Das liegt hauptsächl­ich an den hohen Geburtenra­ten der Nachkriegs­jahre. Doch der Effekt zeigt sich auch im relativen Vergleich der beiden Jahrgänge: Von den 1950 geborenen Rentnern arbeiteten 14

Eine Frage der Wertschätz­ung?

Prozent, von den 1945 geborenen waren es nur elf Prozent. 90 Prozent der Rentner, die eine Arbeit hatten oder gerne gehabt hätten, sagten bei einer Befragung, sie bräuchten Kontakt zu anderen Menschen, hätten Spaß an der Arbeit und bräuchten weiterhin eine Aufgabe. Anderersei­ts gaben auch 53 Prozent der Männer und 70 Prozent der Frauen an, dass sie das Geld bräuchten.

Davor warnt Bastian Brackelman­n vom Sozialverb­and VdK. Etwa die Hälfte der erwerbstät­igen Rentner geht einer geringfügi­gen Beschäftig­ung nach. Dabei handle es sich häufig um Tätigkeite­n wie Regale einräumen. „Die Art dieser Tätigkeite­n deutet für uns darauf hin, dass die Beschäftig­ten finanziell darauf angewiesen sind.“Sein Verband fordere daher, dass das Rentennive­au nicht weiter falle.

Worauf jemand achten muss, der über das Rentenalte­r hinaus arbeiten will, lesen Sie auf

Newspapers in German

Newspapers from Germany