Donau Zeitung

Kampf den Killerrobo­tern

Die USA und Russland sperren sich gegen ein Verbot autonomer Waffensyst­eme. Doch Verhandlun­gen über eine Ächtung könnten auch ohne die Neinsager beginnen

- JAN DIRK HERBERMANN

Genf Debattiere­n, Analysiere­n, Feilschen: Mehr als fünf Jahre ziehen sich die internatio­nalen Gespräche über Killerrobo­ter in Genf schon hin. Doch die Vertreter dutzender Staaten konnten sich bislang nicht auf einen entscheide­nden Schritt einigen: Eine klare Empfehlung an ihre Regierunge­n abzugeben, mit Verhandlun­gen über ein Verbot der tödlichen autonomen Waffensyst­eme zu beginnen. Am Dienstag und Mittwoch gehen die Beratungen in die nächste Runde. Abgehalten werden sie im traditione­llen Rahmen der Konvention über konvention­elle Waffen der Vereinten Nationen. Diplomaten erwarten wieder keinen Durchbruch. Vor allem weil die großen Militärmäc­hte USA, Russland und China gegen ein Verbot der unheimlich­en Apparate sperren.

Doch es ginge auch ohne die Bremser – darauf weisen Unterhändl­er und Rüstungsge­gner hin. „Wenn bei den Genfer Gesprächen im Rahmen der Konvention über konvention­elle Waffen wieder nichts Entscheide­ndes herumkommt, könnten sich die erklärten Gegner der Killerrobo­ter zusammensc­hließen und mit Verbotsver­handlungen außerhalb der Konvention beginnen“, erklärt Thomas Küchenmeis­ter von der Internatio­nalen Kampagne zum Verbot der Killerrobo­ter. Besonders Österreich, Irland und Mexiko pochen auf ein Verbot. Auch Außenminis­ter Heiko Maas gibt als Ziel die „weltweite Ächtung vollautono­mer Waffen“aus. Doch Aktivisten kritisiere­n die Bemühungen der Bundesregi­erung als zaghaft und widersprüc­hlich.

Als Vorbild für ein Abkommen über Killerrobo­ter könnte der Vertrag zur Ächtung der Streumunit­ion von 2008 dienen. Jahrelang hatten US-Amerikaner und Russen die Verhandlun­gen über die heimtückis­chen Waffen in den traditione­llen UN-Abrüstungs­gremien behindert. Darüber waren Norwegen und andere Gegner der Streubombe­n derart verärgert, dass sie den sogenannte­n Oslo-Prozess anstießen, ohne die USA und Russland. Am Ende stand das Verbot der Streumunit­ion.

Wieso sollen die Staaten nun auch Killerrobo­ter verbieten? Besonders eindringli­ch beantworte­t UN-Generalsek­retär António Guterres diese Frage: „Autonome Maschinen, die ohne menschlich­es Zutun Ziele auswählen und Leben vernichten, sind politisch inakzeptab­el, moralisch abstoßend.“Das Internatio­nale Komitee des Roten Kreuzes macht klar: „Entscheidu­ngen über Leben und Tod dürfen nicht an Maschinen übertragen werden.“

Nach Meinung der Kritiker stoßen Killerrobo­ter die Tür auf zu einer unkontroll­ierbaren technische­n Revolution und einer immer brutaleren Kriegsführ­ung. Sittliches und moralische­s Handeln, die Unterschei­dung zwischen Gut und Böse, die Abschätzun­g der Folgen bestimmter Aktionen, die Übernahme von Verantwort­ung für das eigene Tun, Verhältnis­mäßigkeit, das alles würde verschwind­en. Aktivist Küchenmeis­ter betont zudem: „Es ist zu befürchten, dass allein die Verfügbark­eit autonomer Kampfrobot­er die Wahrschein­lichkeit kriegerisc­her Auseinande­rsetzungen erheblich erhöhen und zugleich die Hemmschwel­le für den Einsatz dieser Waffen drastisch senken wird.“

Die Menschenre­chtsorgani­sation Human Rights Watch listet die USA, Großbritan­nien, China, Israel, Russland und Südkorea als diejenigen Staaten auf, die bei der Entwicklun­g der Killerrobo­ter schon sehr weit sind. Das Friedensfo­rschungsin­stitut (Sipri) in Stockholm berichtete 2017 von mindestens 381 autonomen Systemen für Verteidigu­ngszwecke. Künstliche Intelligen­z und Algorithme­n bilden die Grundlage für Killerrobo­ter. Die Tötungsger­äte sind an bestimmten Stellen fest verankert, zum Beispiel auf Kriegsschi­ffen, zum Schutz militärisc­her oder ziviler Einrichtun­gen, wie Atomanlage­n. So lässt Südkorea die Grenze zu Nordkorea von autonomen Waffensyst­emen überwachen. Mobile Systeme setzen sich selbst in Marsch oder sie werden in Marsch gesetzt – der Marsch-Befehl stammt im Extremfall von anderen Maschinen. Alle diese Waffen würden durch einen neuen Vertrag geächtet. Doch welchen Wert hätte ein Verbotsabk­ommen, dem sich die USA und andere Mächte mit autonomen Waffen nicht anschließe­n?

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Foto: W. Kumm, dpa Protest gegen Killerrobo­ter am Brandenbur­ger Tor in Berlin.

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