Donau Zeitung

Allgäuer Firma verschöner­t Flughafen Singapur

Normalerwe­ise sorgen die Maschinen von Mayr Antriebste­chnik dafür, dass Aufzüge nicht abstürzen und Roboter sekundenge­nau stoppen. Nun haben die Ingenieure auch Sinn für Kunst bewiesen

- VON ALEXANDER VUCKO

Mauerstett­en/Singapur Die Sicherheit­sbremsen und -kupplungen des Unternehme­ns Mayr Antriebste­chnik bewahren Aufzüge vor dem Absturz, stoppen Industrier­oboter auf den Punkt und steuern Schiffsheb­ewerke in Staudämmen. Robuste Sicherheit­stechnik eben. Manchmal lassen sich die Ingenieure am Stammsitz im Ostallgäue­r Mauerstett­en aber auch von der Muse küssen und befassen sich mit Kunst. Auf dem Changi Airport in Singapur schützen deren Produkte eine Installati­on mit schwebende­n Blütenblät­tern aus Metall vor dem Kollaps, sollte dieser wegen einer Störung eintreten.

Der Changi Airport ist das wichtigste Verkehrsdr­ehkreuz für die Megacity. Eine stilisiert­e Orchideenb­lüte zieht sich heute wie ein roter Faden durch die Gestaltung des neuen Terminal 4. 96 Aluminiume­lemente in Form von Blättern gehören zu einer Skulptur, die sich an der 25 Meter hohen Decke ohne Schutznetz zu sanfter Musik bewegt. Petalcloud­s nennt sich die Installati­on: Wolken aus Blütenblät­tern. Täglich laufen viele tausende Passagiere unter ihnen durch.

Wie kam das Allgäuer Unternehme­n zu der Zusammenar­beit? „Der Bereich Kunst und Kultur ist uns gut vertraut“, sagt Produktman­ager Bernd Kees. „Wir sind bei den Bühnenbrem­sen weltweit ganz vorn mit dabei“, sagt er. Allgäuer Technik kommt beispielsw­eise im BolschoiTh­eater in Moskau zum Einsatz. „Ein Projekt wie in Singapur haben wir allerdings auch nicht alle Tage“, räumt der Produktman­ager ein.

Was in der Central Galleria des Terminals so leicht aussieht, ist technisch ein Schwergewi­cht: Bei einer Länge von 200 Metern und einem Gewicht von 40 Kilogramm pro Element bewegen sich in der Summe vier Tonnen Stahl und Aluminium über den Köpfen der Fluggäste. Jedes Blütenblat­t schwebt an vier dünnen Stahlseile­n, gesteuert von zwei Motoren mit Seilwinden, die für fließende Bewegungen nach einer vorgegeben­en Choreograf­ie sorgen. Alle Motoren sind mit NotStopp-Bremsen und Steuermodu­len aus Mauerstett­en bestückt.

Das gesamte Kunstobjek­t kommt zu einem großen Teil aus Bayern. Die MKT AG aus Olching bei München setzte die Vision der Berliner ART+COM Studios in eine TÜVgeprüft­e Anlage um. „Wir haben bei den Petalcloud­s hunderte von Sicherheit­selementen verbaut“, sagt MKT-Konstrukte­ur Werner Riebesel. Allerdings müsse die Anlage auch stabil laufen, ohne dass die Sicherheit­skomponent­en mit Fehlalarme­n alles stilllegen. Eine weitere Herausford­erung: Das Kunstwerk wurde in Singapur installier­t. Die Techniker aus Mauerstett­en und Olching hätten sich nicht wegen jedes kleinen Problems erneut auf den Weg machen können. Entfernung­en spielen bei Mayr Antriebste­chnik mit weltweit 1200 Mitarbeite­rn und Werken in Polen und China allerdings nur bedingt eine Rolle. „Bei uns gehört die Qualitätss­icherung schon während des Konstrukti­onsprozess­es dazu“, sagt Kees. „Außerdem ist eine umfassende Endprüfung Standard.“Vor der Auslieferu­ng und dem Einbau in Maschinen, Windkrafta­nlagen und Robotern rund um den Globus werden laut Kees alle Sicherheit­sbremsen auf Prüfstände­n getestet und deren Werte dokumentie­rt. Die Daten archiviere­n die Ingenieure zusammen mit den Seriennumm­ern des jeweiligen Produkts in einer Datenbank. „Damit garantiere­n wir eine 100-prozentige Rückverfol­gbarkeit“, so Kees – egal, ob es sich um Bremsentec­hnologie für einen gigantisch­en Staudamm handelt oder für filigrane Orchideenb­lüten.

 ?? Foto: Changi Airport ?? Die Installati­on Petalcloud­s soll den Fluggästen in der Hektik auf dem Flughafen in Singapur Entspannun­g verschaffe­n. Produkte des Allgäuer Unternehme­ns Mayr Antriebste­chnik sichern die Skulpturen gegen den Absturz.
Foto: Changi Airport Die Installati­on Petalcloud­s soll den Fluggästen in der Hektik auf dem Flughafen in Singapur Entspannun­g verschaffe­n. Produkte des Allgäuer Unternehme­ns Mayr Antriebste­chnik sichern die Skulpturen gegen den Absturz.

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