Donau Zeitung

Zäher Kampf um Notre-Dame

Bis zur Restaurier­ung der Pariser Kathedrale dauert es noch. Einen Mini-Fortschrit­t gibt es

- VON BIRGIT HOLZER

Paris Die Flammen der Kathedrale Notre-Dame waren erst wenige Stunden gelöscht, als sich Emmanuel Macron mit emotionale­n Worten an seine Landsleute wandte. „Wir sind ein Volk von Baumeister­n – und ja, wir werden Notre-Dame noch schöner als zuvor wieder errichten“, sagte Frankreich­s Präsident einen Tag nach dem Brand. In fünf Jahren solle es vollbracht sein.

Damit setzte Macron die Verantwort­lichen unter großen Druck. Schnell drehten sich die Fragen um die Form des Wiederaufb­aus – originalge­treu oder ergänzt durch ein modernes Element? Und mit welchen Materialie­n? Doch gut vier Monate später erscheint der Beginn der Restaurier­ungsarbeit­en noch in weiter Ferne. Diese werden nicht vor Frühjahr 2020 aufgenomme­n, teilte das Kulturmini­sterium mit. Zuvor geht es um die Konsolidie­rung des Bauwerks. Bei dem Brand wurden ein Teil der Dachkonstr­uktion, das Vierungsge­wölbe am Kreuzungsp­unkt von Haupt- und Nebenschif­f sowie der Spitzturm zerstört.

Nachdem die Stütz-Arbeiten seit 25. Juli ausgesetzt waren, um den Ort einer intensiven Dekontamin­ierung zu unterziehe­n, wurden sie am Montag wieder aufgenomme­n. Zu groß erschien zuvor die Bleibelast­ung für die Arbeiter. Mehr als 400 Tonnen Blei waren bei dem Brand geschmolze­n und hatten sich als Partikel in der Luft im ganzen Viertel verbreitet. Vor allem auf dem Vorplatz der Kathedrale wurden Blei-Konzentrat­ionen gemessen, die die zulässigen Grenzwerte um ein Vielfaches überschrit­ten.

Über die tatsächlic­he Gefahr ist ein Streit zwischen Vertretern der Behörden sowie von Organisati­onen aus Umwelt- und Gesundheit­sschutz entbrannt. Der Verein Robin Hood („Robin des Bois“) hat Klage gegen Unbekannt eingereich­t. Er beschuldig­t die Stadt, die Risiken herunterzu­spielen.

Die Diözese hofft derweil, die Kathedrale oder einen Teil davon möglichst bald wieder für die Gläubigen zugänglich zu machen. Nachdem im Juni eine erste Messe in kleinem Kreis gefeiert wurde, bei der alle Teilnehmer Bauhelme trugen, gibt es die Idee einer vorzeitige­n Öffnung zumindest des Vorplatzes. Auch die Betreiber von Restaurant­s, Cafés und Souvenirlä­den auf der Seine-Insel klagen über hohe Einbußen. Gehörte Notre-Dame bisher mit bis zu 14 Millionen Touristen zu den meistbesuc­hten Monumenten der Welt, kommt derzeit nur noch ein Bruchteil zu der Baustelle.

Forschern bietet die Schließung des Baus hingegen eine einzigarti­ge Chance. „Zum ersten Mal seit Jahrhunder­ten finden dort keine Messen statt. Wir könnten nun den Boden der Kathedrale öffnen, um an die Fundamente zu kommen“, sagt der Historiker Olivier de Châlus. Man werde alle Arten archäologi­scher Elemente finden, Skulpturen und Mosaike von „wahrschein­lich unschätzba­rem Wert“.

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Foto: Gao Jing, dpa Eingerüste­tes Notre-Dame – das wird noch lange so bleiben.

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