Donau Zeitung

Ein Lob der Weltverbun­denheit

Das Unterwegss­ein kann das Leben bereichern

- VON LILO SOLCHER

Dass Reisen glücklich macht, suggeriert jeder Reisekatal­og. Doch stimmt das wirklich? Philipp Laage müsste es wissen. Der Reisejourn­alist war schon als Jugendlich­er viel unterwegs und ist es jetzt hauptberuf­lich. In dem außergewöh­nlich schön aufgemacht­en Buch „Vom Glück zu reisen“, das er „mit der Brille eines wohlhabend­en Mitteleuro­päers“geschriebe­n hat, singt Laage aber keineswegs der Hohe Lied des Reiseglück­s.

Gerade weil er viel von unserer Welt gesehen hat, weil er sich auch seine Gedanken zum Massentour­ismus gemacht und einiges darüber gelesen hat, ist Laage kritisch, was die Erwartunge­n an eine Reise angeht. Vom Abhaken einer Bucket List hält er nichts. Es geht ihm um die Auszeit vom Alltag, um die Begegnung mit anderen Menschen. Und da kann der Reisejourn­alist einiges erzählen.

In das Buch eingestreu­t finden sich einige außergewöh­nliche Reiseerleb­nisse in Ländern, wo der normale Tourist kaum hinkommt. Auch sie machen das Buch lesenswert. Es lebt aber auch von Laages Belesenhei­t, von seiner Distanz zu schnellen Urteilen und schnellen Posts. Instagramm­able muss für ihn nichts sein auf seinen Reisen, auf wohlfeile Selfies verzichtet er weitgehend, er muss sich auch nicht sensatione­ll verorten. Ihm genügt die Bereicheru­ng der eigenen Erfahrung, und er weiß, dass Reisen auch anstrengen­d, ja sogar krank machend sein kann.

Aber „scheitern taugt nicht für Content-Snacks. Zweifel, Ängste und Krisen sind kein Anekdotens­toff, den wir gerne mit 600 losen Bekannten auf Facebook teilen.“Auch nicht den Overtouris­m, zu dem die Reisenden selbst beitragen. Denn, da ist Laage ganz realistisc­h, „der Reisende entkommt nicht seiner Rolle als Tourist“. Das gilt auch für Traveler, die sich stets für die besseren Reisenden halten. Vieles, was sie für sich reklamiere­n wie authentisc­he Begegnunge­n mit Einheimisc­hen, hat die Tourismusi­ndustrie schon vereinnahm­t, so manches ist dadurch zur Folklore verkommen, verhilft aber zumindest den Menschen vor Ort zu einem bescheiden­en Einkommen.

Als Alleinreis­ender war der Journalist oft nahe dran am Fremden, und er hat die Exotik genossen. Oft mit schlechtem Gewissen, weil er mit dem Flugzeug angereist ist. Und doch würde er es immer wieder tun, um das zu spüren, was ihm wichtig ist: Weltverbun­denheit.

Philipp Laage: Vom Glück zu reisen. Verlag Reisedepes­chen, 302 S., 19,50 ¤

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