Immer mehr Migranten finden in Bayern Arbeit
Zahl der Beschäftigten ist deutlich gestiegen. Der Wirtschaft aber reicht das nicht
München/Augsburg Geflüchtete, die in Deutschland bleiben dürfen, sind in Bayern immer häufiger sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Wie Innen- und Integrationsminister Joachim Herrmann am Dienstag in München betonte, ist ihre Zahl innerhalb eines Jahres um 26 Prozent gestiegen – von 43400 auf 54900. Darin eingerechnet sind alle Menschen in Bayern mit positivem Asylbescheid, die aus den acht wichtigsten Herkunftsländern stammen: Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien. Sie sind vor allem im verarbeitenden Gewerbe, im Baugewerbe, im Handel, im Gastgewerbe, als Gebäudereiniger oder Zeitarbeiter beschäftigt. Knapp die Hälfte arbeitet auf Helferniveau, nur acht Prozent haben einen akademischen Abschluss.
Im Vergleich zu den anderen Bundesländern scheint Bayern erfolgreicher darin zu sein, Geflüchtete und Menschen mit Migrationshintergrund am Arbeitsmarkt zu vermitteln. Der Freistaat hat bundesweit die niedrigste Ausländerarbeitslosenquote. Herrmann: „Es ist wichtig, dass die Menschen ihre Zukunft selbst gestalten können. Je besser sie integriert werden, desto mehr wächst auch die Akzeptanz der heimischen Bevölkerung.“
Gleichzeitig betonte der Innenminister: „Wir dürfen uns nicht auf diesen Erfolgen ausruhen.“Nach wie vor gibt es in Bayern 15 000 Arbeitslose aus den acht Herkunftsländern, die Hartz-IV-Leistungen beziehen. „Hier muss noch mehr passieren. Arbeit ist eine Grundvoraussetzung für die gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft.“
Die positive Entwicklung, die Herrmann präsentierte, zeigt allerdings nur eine Seite der Situation von Geflüchteten am Arbeitsmarkt. Von der anderen, problematischeren Seite berichtet Josefine Steiger, die seit über vier Jahren bei der Industrieund Handelskammer Schwaben das Projekt „Junge Flüchtlinge in Ausbildung“leitet. Sie vermittelt Praktika, hilft bei Bewerbungen und begleitet Geflüchtete während ihrer Berufsausbildung. „Ich bin wütend und verzweifelt“, sagt sie, „wenn ich sehe, wie viele junge und gut integrierte Menschen keinen Zugang zu einer Ausbildung bekommen.“
In Schwaben sind derzeit 1066 Geflüchtete in Ausbildung bei der Handwerkskammer gemeldet, bei der IHK sind es 2017. Zum 1. September zählt die IHK 280 abgeschlossene Verträge zwischen Geflüchteten und schwäbischen Betrieben. „Bei mehr als 40 jungen Menschen ist noch immer nicht klar, ob sie eine Ausbildungserlaubnis bekommen.“Dabei wollte die Bayerische Staatsregierung den Zugang zum Arbeitsmarkt für gut integrierte Flüchtlinge, die einen negativen Bescheid haben, aber geduldet werden, ursprünglich erleichtern. Wer etwa einen Schulabschluss,
700 Betriebe in Schwaben bilden Flüchtlinge aus
Deutschkenntnisse, Praktika und einen Pass nachweisen kann, der sollte eine Ausbildungserlaubnis erhalten. „Das hatte Herrmann im März angekündigt, und schon da hatte ich meine Zweifel“, betont IHK-Expertin Steiger. „Und es ist gekommen, wie ich dachte. Es hat sich kaum etwas verbessert.“
Auch für die Betriebe sei das schwer nachzuvollziehen, sagt Josefine Steiger. In Schwaben bilden gegenwärtig knapp 700 von 4900 Betrieben einen Lehrling mit Fluchthintergrund aus. Viele dieser Unternehmen suchen händeringend nach Azubis – besonders in der Logistik, in der Gastronomie und der Produktion, wo viele Lehrstellen unbesetzt bleiben. „Und dann haben sie endlich jemanden gefunden und verstehen nicht, warum er nicht anfangen darf.“