Donau Zeitung

Umwelthilf­e will „Monster-SUVs“stoppen

Autobauer gefährden mit falscher Modellpoli­tik ihre Zukunft, warnt der Verband. Die Konzerne würden auf schwere Spritfress­er setzen, während Elektrowag­en aus Deutschlan­d kaum verfügbar seien

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Der Stachel im Fleisch der deutschen Autoindust­rie sticht wieder: Jürgen Resch, Geschäftsf­ührer der Deutschen Umwelthilf­e (DUH), wirft den heimischen Autobauern vor, mit einer drastisch verfehlten Modellpoli­tik die Zukunft der gesamten Branche zu riskieren. Rund 800000 Arbeitsplä­tze in Deutschlan­ds Schlüsseli­ndustrie stünden auch deshalb auf dem Spiel, weil BMW, Daimler und Volkswagen einen falschen Schwerpunk­t auf „Klimakille­r-Fahrzeuge“legten. Die weltweite Nachfrage nach innovative­n Elektroaut­os werde dagegen Hersteller­n aus den USA, Frankreich und Asien überlassen, warnte Resch.

Unter den weltweit 20 meistverka­uften Elektroaut­os findet sich laut DUH aktuell kein einziges deutsches Fabrikat. Auch bei der in drei Wochen beginnende­n Internatio­nalen Automobila­usstellung in Frankfurt werde der Schwerpunk­t wieder auf den „geländegän­gigen, großen und schweren SUVs, kurz für Sport Utility Vehicles, liegen. „Als gebe es keine sterbenden Wälder, schmelzend­en Gletscher und vergiftete Luft in den Innenstädt­en, zelebriere­n die deutschen Autobauer mit den Stadt-Geländewag­en das wohl absurdeste Mobilitäts­angebot auf deutschen Asphaltstr­aßen“, sagte Resch am Dienstag. Dass zahlreiche Hersteller ihre Teilnahme an der IAA abgesagt haben, wertet Resch als Zeichen für „das zunehmende Desinteres­se internatio­naler Automärkte an den veralteten und übermotori­sierten Verbrenner­n“.

Der Aktivist, ohne den es wohl keine Fahrverbot­e für Dieselauto­s in deutschen Innenstädt­en gäbe, forderte einen Ausstieg aus der Verbrennun­gsmotorent­echnik bis 2025. Und Verbrauche­r sollten bereits heute „keine Neuwagen mehr ohne effiziente­n Elektromot­or kaufen. Bereits heute gebe es auf dem Markt ein „immer vielseitig­eres Angebot an Elektrofah­rzeugen“. Bei deutschen Hersteller­n allerdings seien immer weniger reine Elektroaut­os überhaupt bestellbar. Nur noch drei Modelle könnten aktuell konfigurie­rt und geliefert werden: der in die Jahre gekommene BMW i3 sowie „zwei schwere und sündhaft teure“Elektro-SUVs von Mercedes und Audi. Der Elektro-Smart aus dem Daimler-Konzern sowie die Modelle E-Golf und E-Up von Volkswagen dagegen könnten derzeit nicht mehr bestellt oder konfigurie­rt werden.

Stattdesse­n, klagt Resch, leisteten sich die deutschen Hersteller einen „absurden Wettbewerb um den größten und längsten MonsterSUV“. Die neuesten Modelle passten nicht einmal mehr in normale Parkbuchte­n. Die Autokonzer­ne müssten einen radikalen Modellwech­sel vollziehen und freiwillig „die Entwicklun­g neuer schwerer SUV-Modelle stoppen“.

Hart ins Gericht geht der DUHChef auch mit der Politik: „Die Bundesregi­erung muss sich endlich eingestehe­n, dass sie mit ihrer bisherigen Industriep­olitik und vielen Fördermill­iarden gescheiter­t und mitverantw­ortlich dafür ist, dass die deutschen Autokonzer­ne mit Vollgas auf eine Betonmauer zurasen.“

Angela Merkel (CDU) und Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) warf er vor, von der Industrie „ferngesteu­ert“zu sein. Da die Autokonzer­ne nicht bereit seien, von sich aus umzusteuer­n, müsse die Politik sie nun eben dazu zwingen. Neben einem Zulassungs­stopp für Autos mit Verbrennun­gsmotor ab 2025 fordert Resch die Einführung eines Tempolimit­s. Auf Autobahnen soll die Höchstgesc­hwindigkei­t von 120, außerorts 80, und in der Stadt 30 Kilometern pro Stunde gelten. Bei der Kfz-Steuer sollten künftig die realen Kohlendiox­id-Emissionen berücksich­tigt werden.

Umgehend wies der Verband der Deutschen Automobili­ndustrie (VDA) die Vorwürfe Reschs zurück. Jedes zweite Elektroaut­o, das in den ersten sieben Monaten des Jahres zugelassen wurde, stamme von einem deutschen Autokonzer­n. Und künftig werde sich das Elektroaut­o-Angebot der deutschen Hersteller auf mehr als 250 Modelle verfünffac­hen. Auch auf der IAA würden zahlreiche neue Elektromod­elle vorgestell­t.

Resch ist der Mann hinter den Fahrverbot­en

Der Aktivist fordert Tempolimit­s

 ?? Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa ?? Umwelthilf­e-Chef Jürgen Resch kritisiert die deutschen Autobauer, die in seinen Augen zu sehr den Fokus auf SUVs legen, die für ihn „Klimakille­r-Fahrzeuge“sind.
Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa Umwelthilf­e-Chef Jürgen Resch kritisiert die deutschen Autobauer, die in seinen Augen zu sehr den Fokus auf SUVs legen, die für ihn „Klimakille­r-Fahrzeuge“sind.

Newspapers in German

Newspapers from Germany