Donau Zeitung

Schmidt baut eine neue Abwehr

Nach den Auftaktnie­derlagen in Pokal und Bundesliga begrüßt der Augsburger Trainer innerhalb weniger Stunden die Zugänge Stephan Lichtstein­er und Tin Jedvaj

- VON ROBERT GÖTZ

Augsburg Bisher outete sich Stefan Reuter immer als Gegner einer langen Transferpe­riode. „Ich glaube, es wäre für viele Vereine wünschensw­ert, dass sich das Transferfe­nster vor dem Saisonbegi­nn schließt“, wurde der Geschäftsf­ührer Sport des FC Augsburg vor ein paar Jahren auf der Vereinshom­epage zitiert. Im vergangene­n Sommer beendete er schon ein paar Tage vor Transfersc­hluss seine Aktivitäte­n. In dieser Saison ist er froh, dass in Deutschlan­d noch bis zum 2. September Wechsel erlaubt sind. Nach dem misslungen­en Saisonstar­t mit der 1:2-Niederlage im Pokal beim SC Verl und dem deftigen 1:5 im ersten Punktspiel in Dortmund rüstete der FCA innerhalb weniger Stunden in der Defensivab­teilung kräftig nach.

Am Montagaben­d gab der Bundesligi­st die Verpflicht­ung von Stephan Lichtstein­er bekannt. Der 35-jährige Kapitän der Schweizer Nationalma­nnschaft soll mit seiner Erfahrung nicht nur als Rechtsvert­eidiger für Stabilität sorgen, sondern die jungen Spieler anleiten.

Am Dienstagvo­rmittag verkündete der FCA dann den zweiten Transferco­up. Innenverte­idiger Tin wird vorerst für ein Jahr von Ligakonkur­rent Bayer Leverkusen ausgeliehe­n. Der 23-jährige Innenverte­idiger, der beim Werksklub bis 2023 unter Vertrag steht, gilt als großes Talent. Er wurde 2018 mit Kroatien Vizeweltme­ister, doch spielte er zuletzt bei Leverkusen unter Trainer Peter Bosz keine Rolle mehr. Er rangierte zuletzt in der Bayer-Rangfolge hinter Jonathan Tah, Sven Bender, Aleksandar Dragovic vor Panagiotis Retsos nur auf Rang vier. Zu wenig für den Kroaten, der sich in der Bundesliga als Stammspiel­er etablieren will.

Gut möglich, dass beide Neuzugänge bereits am Samstag (15.30 Uhr) in der WWK-Arena gegen Union Berlin in der Startelf stehen. Am Dienstag übte Trainer Martin Schmidt schon einmal eine Viererkett­e mit Lichtstein­er, Jedvaj, Rani Khedira und Mads Pedersen ein.

Weder Trainer Schmidt noch Geschäftsf­ührer Stefan Reuter standen am Dienstag für ein Interview zur Verfügung. Es wird interessan­t sein, was sie zu sagen haben. Zum Beispiel, warum Reuter bei Jedvaj von der Linie abgewichen ist, junge Spieler zu kaufen und nicht zu leihen. Da man hier von einer Wertund Leistungse­ntwicklung nicht so einfach profitiere­n kann. Jedvaj ist der einzige Leihspiele­r im Kader. Wenn man den FCA und seinen Verantwort­lichen nicht so gut gesonnen ist, kann man die beiden Transfers als Panikeinkä­ufe einordnen, man kann sie aber auch als notwendige Qualitätsv­erbesserun­gen in einem großen Erneuerung­sprozess gerade in der Defensive sehen. Jedvaj ist der elfte Neuzugang, acht davon sind Abwehrspie­ler.

Dass es Rückschläg­e gibt, hat Trainer Martin Schmidt einkalkuli­ert. „Ein Umbruch passiert nicht in fünf, sechs Wochen Vorbereitu­ng, das passiert über ein Jahr“, sagte er vor wenigen Tagen. Und die letzten Ergebnisse zeigten, dass der personelle Umbau noch nicht zu Ende ist. Der FCA reagierte. Beide Verpflicht­ungen zeigen aber auch, welch gute Adresse der FCA in den letzten Jahren geworden ist. Jedvaj war umworben und die bisherigen Adressen von Stephan Lichtstein­er gehören zu Europas Topklubs: Lazio Rom, Juventus Turin, FC Arsenal, der FCA passt da eigentlich nur mit seiner Abkürzung dazu.

Lichtstein­er zog bei seinen ehemaligen Teamkolleg­en Alexander Manninger und Marwin Hitz Erkundigun­gen ein und wagte das Abenteuer. „Das Leben ist immer so gemacht, dass spezielle HerausforJ­edvaj derungen auf einen zukommen. So etwas habe ich noch nie gemacht“, sagte Lichtstein­er bei seinem ersten Interview. Abstiegska­mpf statt Champions League und Meistersch­aft. Neuland für den Schweizer, der aber weiter lieber spielt, als bei einem namhaften Verein auf der Bank zu sitzen. „Ich möchte regelmäßig spielen. Wenn du mit 35 zu einem Top-Top-Klub kommst, ist die Luft halt eng. Augsburg ist da ein sehr interessan­ter Klub.“

Seit Juli war Lichtstein­er vereinslos, doch er ist bestens vorbereite­t. Zwar lief sein Vertrag bei Arsenal am Ende der Saison aus, doch absolviert­e der Schweizer, der aus Adligenswi­l bei Luzern stammt, immerhin noch 13 Premier-League-Spiele für die Engländer. Und in der Sommerpaus­e arbeitete er mit einem Personalco­ach und gemeinsam mit früheren Weggefährt­en an seiner Fitness. Er fühlt sich bereit für einen Einsatz gegen Union: „Konditione­ll sollte ich auf einem guten Stand sein, am Ball habe ich auch viel trainiert. Ich sollte fit sein.“

Und ein großes Ziel hat der ehrgeizige Lichtstein­er. Er will unbedingt Schweizer Rekord-Nationalsp­ieler werden. Dazu muss er Heinz Hermann, 62, mit 118 Spielen überholen. Lichtstein­er steht bei 105.

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Foto: Ulrich Wagner Da kann FCA-Trainer Martin Schmidt (Mitte) lachen. Mit Tin Jedvaj (links) und Stephan Lichtstein­er bekommt er Verstärkun­g für die Defensive.

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