Donau Zeitung

Die Himmelstou­r

Der Weg führt uns durch den Landkreis Neu-Ulm. Imposante Deckengemä­lde in Kirchen und Kapellen, ein Biergarten und ein Badesee warten darauf, entdeckt zu werden

- VON CHRISTOPH LOTTER

Neu-Ulm Die Hälfte der Strecke ist geschafft, als sich die Türen der Pfarrkirch­e St. Laurentius in Attenhofen öffnen und den Blick freigeben, auf bunte Farbenfreu­de, feine Details und malerische Verspielth­eit. Die Rokoko-Deckengemä­lde von

Franz Martin

Kuen aus Weißenhorn ziehen einen sofort in ihren Bann, öffnen die Tore zum Himmel. Nur schwer lässt sich der Blick wieder abwenden. Aber es hilft nichts, unsere „Himmelstou­r“ist unbarmherz­ig – auf 62,8 Kilometern radeln wir einmal rundherum im nördlichen Landkreis Neu-Ulm. Denn Franz Martin Kuen, dessen 300. Geburtstag wir zum Anlass für diese Radtour genommen haben, und seine Malerkolle­gen aus der Region waren fleißig. Möglichst viele ihrer Kunstwerke wollen wir auf unserer Radtour entdecken.

Sein wohl berühmtest­es Werk schuf Franz Martin Kuen im Kloster Wiblingen. Das Benediktin­erkloster beherbergt einen der bekanntest­en Bibliothek­ssäle der süddeutsch­en Klosterlan­dschaft. Dieser ist voll von Kuens Gemälden. Weil ein Klosterbes­uch allein aber einen ganzen Tag füllen würde, begnügen wir uns mit einem Blick von außen – denn wir haben auf unserer Tour noch einiges vor. Acht Kirchen und Kapellen, ein Biergarten und ein Badesee warten darauf besucht zu werden.

Aber zurück zum Kerngeschä­ft: Nachdem wir uns entlang der Donau und der Iller auf geschotter­ten Wegen vorbei an beschaulic­hen Feldern warmgerade­lt haben, geht es ab Senden weiter auf Asphalt und zudem Schlag auf Schlag. Neben Franz Martin Kuen und Künstlern wie Christoph Thomas Scheffler aus oder Johann Baptist Enderle aus Söflingen waren es vor allem einheimisc­he Könner, die die barocke Deckenmale­rei in den Kirchen und Kapellen im nördlichen Landkreis geprägt haben. Die ganze Pracht des Rokoko im Kleinforma­t, hat unser erster Stopp, die Kapelle Maria Hilf in Ay, zu bieten. Wer für die Deckenbild­er verantwort­lich ist, ist zwar nicht bekannt. Der Maler dürfte aber aus dem Umkreis Franz Martin Kuens stammen. Dessen Schüler, Konrad Huber, ist für das weite, farbkräfti­ge Deckenbild an unserem zweiten Halt verantwort­lich: die Pfarrkirch­e Mariä Verkündigu­ng in Wullenstet­ten. Über dem schlichten Saalbau offenbart sich hier eindrucksv­oll die Aufnahme Mariens in den Himmel. Auch Station Nummer sechs, St. Alban in Oberhausen, geht auf die Kappe Hubers. Der frühklassi­zistische Kirchenrau­m wird von dem weitgespan­nten Deckenbild mit der Verherrlic­hung Mariens durch die vier Erdteile bekrönt.

Zu den prächtigst­en Kirchen des Rokoko im Landkreis zählt unsere dritte Station: die Wallfahrts­kirche Mariä Geburt in Witzighaus­en. Der Innenraum, gestaltet von Scheffler, glänzt mit einem Zusammensp­iel von Malerei, Stuck und Ausstattun­g. Zurück auf die Spuren Franz Martin Kuens führt uns unser vierter Stopp: die Kapelle St. Leonhard in Weißenhorn. Die Kunstwerke im Innern der Kapelle malte Kuens VaMainburg ter, Johann Jakob Kuen. Der begegnet uns auch auf unserem letzten Kirchensto­pp in Pfaffenhof­en. Neben der Leonhardsk­apelle bildet St. Martin eine der frühesten Kirchen im Landkreis, in der die barocke Deckenmale­rei Einzug hielt.

Nach all der monumental­en Erzählfreu­de der Künstler, widmen wir uns auf dem letzten Abschnitt der „Himmelsrou­te“schließlic­h den klassische­n Dingen: Biergarten und Badesee. In Neuhausen genießen wir beim Bärenwirt ein leckeres Helles und stärken uns mit einem deftigen Wurstsalat. Anschließe­nd geht es schnurstra­cks weiter bis nach Ludwigsfel­d. Dort lädt uns der Badesee zum Abschluss der Tour zu einer nassen Erfrischun­g ein.

 ?? Fotos: Christoph Lotter ?? Die „Himmelstou­r“führt uns zu den barocken Schätzen in den Kirchen und Kapellen im Landkreis Neu-Ulm. Ein Beispiel: Für die auf das Spätmittel­alter zurückgehe­nde Wallfahrt wurde ab 1733 in Witzighaus­en die Pfarr- und Wallfahrts­kirche Mariä Geburt errichtet. Sie zählt zu den prächtigst­en Bauten des Rokoko in der Region, der Innenraum glänzt mit Malerei, Stuck und Ausstattun­g.
Fotos: Christoph Lotter Die „Himmelstou­r“führt uns zu den barocken Schätzen in den Kirchen und Kapellen im Landkreis Neu-Ulm. Ein Beispiel: Für die auf das Spätmittel­alter zurückgehe­nde Wallfahrt wurde ab 1733 in Witzighaus­en die Pfarr- und Wallfahrts­kirche Mariä Geburt errichtet. Sie zählt zu den prächtigst­en Bauten des Rokoko in der Region, der Innenraum glänzt mit Malerei, Stuck und Ausstattun­g.
 ?? Grafik: Martin Kropf ?? Unsere Tour ist rund 63 Kilometer lang und führt überwiegen­d auf asphaltier­ten Wegen einmal im Kreis durch den nördlichen Landkreis Neu-Ulm.
Grafik: Martin Kropf Unsere Tour ist rund 63 Kilometer lang und führt überwiegen­d auf asphaltier­ten Wegen einmal im Kreis durch den nördlichen Landkreis Neu-Ulm.
 ??  ?? Am Ortsausgan­g von Biberberg in Fahrtricht­ung nach Beuren warten ein paar sehr neugierige und zutraulich­e Alpakas begierig auf Streichele­inheiten.
Am Ortsausgan­g von Biberberg in Fahrtricht­ung nach Beuren warten ein paar sehr neugierige und zutraulich­e Alpakas begierig auf Streichele­inheiten.
 ??  ?? Hinter den beschaulic­hen Feldern entlang der Iller lässt sich Ulm erahnen.
Hinter den beschaulic­hen Feldern entlang der Iller lässt sich Ulm erahnen.
 ??  ?? Farbenfroh ist das weite Deckenbild in Mariä Verkündigu­ng in Wullenstet­ten.
Farbenfroh ist das weite Deckenbild in Mariä Verkündigu­ng in Wullenstet­ten.
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Die Kirche St. Laurentius in Attenhofen ziert eine prächtige Scheinkupp­el.
 ??  ?? Der Weg von Attenhofen nach Oberhausen führt uns durch ein Waldstück.
Der Weg von Attenhofen nach Oberhausen führt uns durch ein Waldstück.
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Die „Himmelstou­r“führt uns zu Beginn vorbei am Kloster Wiblingen.
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