Die Himmelstour
Der Weg führt uns durch den Landkreis Neu-Ulm. Imposante Deckengemälde in Kirchen und Kapellen, ein Biergarten und ein Badesee warten darauf, entdeckt zu werden
Neu-Ulm Die Hälfte der Strecke ist geschafft, als sich die Türen der Pfarrkirche St. Laurentius in Attenhofen öffnen und den Blick freigeben, auf bunte Farbenfreude, feine Details und malerische Verspieltheit. Die Rokoko-Deckengemälde von
Franz Martin
Kuen aus Weißenhorn ziehen einen sofort in ihren Bann, öffnen die Tore zum Himmel. Nur schwer lässt sich der Blick wieder abwenden. Aber es hilft nichts, unsere „Himmelstour“ist unbarmherzig – auf 62,8 Kilometern radeln wir einmal rundherum im nördlichen Landkreis Neu-Ulm. Denn Franz Martin Kuen, dessen 300. Geburtstag wir zum Anlass für diese Radtour genommen haben, und seine Malerkollegen aus der Region waren fleißig. Möglichst viele ihrer Kunstwerke wollen wir auf unserer Radtour entdecken.
Sein wohl berühmtestes Werk schuf Franz Martin Kuen im Kloster Wiblingen. Das Benediktinerkloster beherbergt einen der bekanntesten Bibliothekssäle der süddeutschen Klosterlandschaft. Dieser ist voll von Kuens Gemälden. Weil ein Klosterbesuch allein aber einen ganzen Tag füllen würde, begnügen wir uns mit einem Blick von außen – denn wir haben auf unserer Tour noch einiges vor. Acht Kirchen und Kapellen, ein Biergarten und ein Badesee warten darauf besucht zu werden.
Aber zurück zum Kerngeschäft: Nachdem wir uns entlang der Donau und der Iller auf geschotterten Wegen vorbei an beschaulichen Feldern warmgeradelt haben, geht es ab Senden weiter auf Asphalt und zudem Schlag auf Schlag. Neben Franz Martin Kuen und Künstlern wie Christoph Thomas Scheffler aus oder Johann Baptist Enderle aus Söflingen waren es vor allem einheimische Könner, die die barocke Deckenmalerei in den Kirchen und Kapellen im nördlichen Landkreis geprägt haben. Die ganze Pracht des Rokoko im Kleinformat, hat unser erster Stopp, die Kapelle Maria Hilf in Ay, zu bieten. Wer für die Deckenbilder verantwortlich ist, ist zwar nicht bekannt. Der Maler dürfte aber aus dem Umkreis Franz Martin Kuens stammen. Dessen Schüler, Konrad Huber, ist für das weite, farbkräftige Deckenbild an unserem zweiten Halt verantwortlich: die Pfarrkirche Mariä Verkündigung in Wullenstetten. Über dem schlichten Saalbau offenbart sich hier eindrucksvoll die Aufnahme Mariens in den Himmel. Auch Station Nummer sechs, St. Alban in Oberhausen, geht auf die Kappe Hubers. Der frühklassizistische Kirchenraum wird von dem weitgespannten Deckenbild mit der Verherrlichung Mariens durch die vier Erdteile bekrönt.
Zu den prächtigsten Kirchen des Rokoko im Landkreis zählt unsere dritte Station: die Wallfahrtskirche Mariä Geburt in Witzighausen. Der Innenraum, gestaltet von Scheffler, glänzt mit einem Zusammenspiel von Malerei, Stuck und Ausstattung. Zurück auf die Spuren Franz Martin Kuens führt uns unser vierter Stopp: die Kapelle St. Leonhard in Weißenhorn. Die Kunstwerke im Innern der Kapelle malte Kuens VaMainburg ter, Johann Jakob Kuen. Der begegnet uns auch auf unserem letzten Kirchenstopp in Pfaffenhofen. Neben der Leonhardskapelle bildet St. Martin eine der frühesten Kirchen im Landkreis, in der die barocke Deckenmalerei Einzug hielt.
Nach all der monumentalen Erzählfreude der Künstler, widmen wir uns auf dem letzten Abschnitt der „Himmelsroute“schließlich den klassischen Dingen: Biergarten und Badesee. In Neuhausen genießen wir beim Bärenwirt ein leckeres Helles und stärken uns mit einem deftigen Wurstsalat. Anschließend geht es schnurstracks weiter bis nach Ludwigsfeld. Dort lädt uns der Badesee zum Abschluss der Tour zu einer nassen Erfrischung ein.