„Systemsprenger“startet für Deutschland ins Oscar-Rennen
Deutschland schickt den Film von Nora Fingscheidt in das internationale Rennen
München Ein Sozialdrama soll den Auslands-Oscar nach Deutschland holen. Zahlreiche Preise hat der Film „Systemsprenger“von Regisseurin Nora Fingscheidt schon eingeheimst, bei der Berlinale im Februar gab es sogar den Silbernen Bären. Und die Geschichte eines rebellischen, lauten Mädchens soll nun noch mehr holen: Der Beitrag geht ins Rennen um den Oscar in der Kategorie „Bester nicht-englischsprachiger Film“, wie German Films, die Auslands-Vertretung des deutschen Films, gestern mitteilte.
„Wir fühlen uns geehrt“, erklärte gestern Abend Filmemacherin Fingscheidt in erster Reaktion. Ihr könnte der gleiche Coup gelingen wie 2007 dem Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck mit seinem Stasi-Drama „Das Leben der Anderen“: Er holte mit seinem Debütfilm gleich die begehrte Hollywood-Trophäe. Die 36-Jährige aus Braunschweig sagt, ihr Film sei gerade auf einer weltweiten Festivalreise. „Die überwältigenden Reaktionen des Publikums zeigen: Kino kann einen Dialog zwischen Kulturen herstellen, weil es ums Menschsein geht.“Fingscheidt erzählt in ihrem Streifen von der gewalttätigen neunjährigen
Benni
(gespielt von Helena Zengel), die nicht bei ihrer überforderten Mutter leben kann und immer wieder gegen das Sozialsystem rebelliert. Das Mädchen wird von einer Unterbringung in die nächste geschoben, bringt das Jugendhilfe-System an seine Grenzen und treibt seine Mitmenschen zur Verzweiflung. Was Benni eigentlich aber sucht, ist Liebe und Geborgenheit. Seit sechs Jahren habe sie immer wieder an diesem Film gearbeitet, berichtete Fingscheidt anlässlich der Berlinale im Februar. „Ich wollte schon lange einen Film machen über ein kleines, wütendes Mädchen und habe nie richtig die Geschichte dafür gefunden.“Bei Dreharbeiten für einen Dokumentarfilm über ein Heim für wohnungslose Frauen sei dort dann plötzlich ein 14-jähriges Mädchen eingezogen. Eine Sozialarbeiterin habe gesagt: „Ach, Systemsprenger, die dürfen wir immer an ihrem 14. Geburtstag aufnehmen.“
In diesem Moment habe sie sich gefragt, was „Systemsprenger“für ein Begriff sei, und zu recherchieren begonnen. Das Ergebnis dieser Recherchen kann das deutsche Filmpublikum nun ab 19. September im Kino sehen. Die neunköpfige Jury mit Jurysprecher Frédéric Jaeger vom Verband der Deutschen Filmkritik ist jedenfalls überzeugt: „Systemsprenger“entwickle einer seltenen emotionalen Intensität Sog und Kraft. Die Oscar-Akademie wird im Januar 2020 fünf von allen ausländischen Bewerber-Filmen für den Oscar in der Auslands-Kategorie nominieren.