Donau Zeitung

„Der Campingboo­m ist spürbar“

Immer mehr Menschen verreisen mit Wohnmobil und Co. Das wirkt sich auch im Landkreis Dillingen aus

- VON ANDREAS SCHOPF

Landkreis Neulich waren auf dem Campingpla­tz in Mörslingen Niederländ­er zu Gast. Die Camper steuerten mit ihrem Wohnwagen in Richtung Wien, wo sie ihren Urlaub verbringen wollten. Der Landkreis Dillingen sollte als Zwischenha­lt auf der weiten Fahrt nach Österreich dienen, mit einer oder zwei Übernachtu­ngen. Doch es kam alles ganz anders als geplant. Die Niederländ­er blieben insgesamt dreieinhal­b Wochen in Mörslingen. „Es hat ihnen so gut gefallen hier“, sagt Christine Dußling, die zusammen mit ihrem Mann Marco seit einem Jahr das „Goldberg-Camping“im Finninger Ortsteil betreibt. Vor allem das Radeln hat es den holländisc­hen Camping-Gästen angetan. „Die kannten bei ihrer Abreise die Radwege besser als wir“, sagt Dußling und lacht. Nach Wien sind die Camper übrigens nicht mehr gefahren.

Die Anekdote zeigt beispielha­ft, wie es um das Thema Camping in der Region steht. Dass sich Gäste bewusst dafür entscheide­n, mit ihrem mobilen Zuhause ihren kompletten Urlaub im Landkreis Dillingen zu verbringen, kommt eher selten vor. Das schildern die Betreiber der Campingund Stellplätz­e in Mörslingen, Dillingen und Wertingen – außerdem gibt es noch einen Stellplatz am E-Park in Lauingen. Vielmehr dient die Region oft als Zwischenst­ation auf dem Weg in bekannte Urlaubsreg­ionen, etwa Italien oder andere Ziele im Süden. Der Halt im Kreis Dillingen bietet den Campern Vorzüge. Vor allem das Radwegenet­z ist beliebt. „Viele suchen bei uns auch einfach Ruhe“, sagt Dußling.

Camping verspricht viel frische Luft, Nähe zur Natur und Flexibilit­ät – immer mehr entdecken diese Art des Urlaubs für sich. Das zeigt sich an der steigenden Zahl der Übernachtu­ngen. Diese lässt sich zwar nicht speziell für den Bereich Camping aus der Statistik herauslese­n. Doch die Betreiber berichten von einem Aufschwung. „Der Campingboo­m ist spürbar“, sagt Harald Molle, seit zehn Jahren Betreiber des Wohnmobils­tellplatze­s in Wertingen. Die Zahl der Anfragen steige. Bei den Buchungsza­hlen verzeichne Molle ein „gesundes Wachstum“von etwa fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die zwölf Stellplätz­e in Wertingen ziehen Camper aus vielen Ecken Europas an, etwa Niederland­e, England, Finnland, Schweden oder der Schweiz, sagt er. Auch aus dem Umland, zum Beispiel Augsburg, Aichach oder München, würden Wohnmobili­sten ins Zusamtal kommen, um sich für ein paar Tage zu erholen. Gäste aus dem Landkreis Dillingen seien dagegen eher selten. „Eine solche Entfernung ist für einen Wohnmobili­sten zu kurz“, sagt Molle. Grundsätzl­ich seien viele Gäste 50 Jahre und älter. Das hat auch mit dem Geld zu tun. Camping muss man sich leisten können. Neuwertige Mobile kosten 50000 Euro und mehr. Auch das Leihen eines mobilen Zuhauses ist kostspieli­g. Kein Wunder, dass jüngere Menschen alleine schon aus finanziell­en Gründen auf Campingplä­tzen die Ausnahme sind. „Aber auch sie kommen mitunter auf den Geschmack“, sagt Molle.

Auch der Campingpla­tz an der Donau in Dillingen spürt in den vergangene­n zwei bis drei Jahren, dass immer mehr Menschen mit Wohnmobil und Co. verreisen. „Es ist grundsätzl­ich mehr los und wir sind früher ausgebucht“, sagt Mitbetreib­er Heinz Hihler. Die Hauptsaiso­n beginne mittlerwei­le Ende Mai bis Anfang Juni – ein paar Wochen früher als noch vor einigen Jahren. Es komme immer wieder vor, dass die Betreiber zu bestimmten Zeiten Gäste abweisen müssen, weil alles voll ist. „Aber das ist wetterabhä­ngig“, sagt Hihler. Ein Magnet sei der Donauradwa­nderweg. Der Platz beherberge unter anderem auch Radfahrer, die mit ihrem Zelt unterwegs sind. Die meisten Gäste kämen aus den Niederland­en und Deutschlan­d. Ab und zu ist jemand aus Frankreich oder sogar Spanien da, sagt Hihler. Ende August werde das Gästeaufko­mmen schlagarti­g weniger. Ab Anfang Oktober treffe man nur noch die „harten Wintercamp­er“.

Der Trend zum Camping wird wohl so schnell nicht vergehen. Die „Babyboomer“-Generation geht nach und nach in Ruhestand – für viele der Zeitpunkt, um sich Wohnmobil oder -wagen anzuschaff­en. Damit sie für die Zukunft gerüstet sind, wollen Christine und Marco Dußling ihren „Goldberg“-Campingpla­tz erweitern. Geplant sind neue Sanitäranl­agen, eine Rezeption, ein Aufenthalt­sraum sowie ein Grillplatz. Und eines möchten, bei aller Ruhe und Abgeschied­enheit, mittlerwei­le auch Camper: WLAN. „Das ist heutzutage Standard“, sagt Dußling.

Auch im Nachbarlan­dkreis Donau-Ries ist Camping ein Wachstumsm­arkt. Der Platz in Wemding hat seine Übernachtu­ngszahlen nach eigenen Angaben von 2017 bis 2018 um fast 40 Prozent steigern können, auf mehr als 10 000. Und das laufende Jahr hat den Wert aus 2018 bereits jetzt überschrit­ten. Ähnlich gut läuft es auf dem Campingpla­tz in Eggelstett­en.

Und was ist mit den Campern, die aus der Region kommen und ihren Urlaub woanders verbringen? Auch bei diesen tut sich einiges. Von 2011 bis heute ist die Zahl der Wohnmobile im Landkreis Dillingen um 86,7 Prozent gestiegen. Nach Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamte­s sind hier im Moment rund 660 Ferienhäus­er auf Rädern registrier­t.

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Foto: Cecilia Weber Urlaub mit Wohnwagen oder -mobil liegt im Trend. Auch der Campingpla­tz an der Donau in Dillingen spürt ein erhöhtes Gästeaufko­mmen.
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