Donau Zeitung

Macron im Gipfel-Glück

Frankreich­s Präsident als versierter Gastgeber

- VON BIRGIT HOLZER

Biarritz Emmanuel Macron ist wieder in Paris, mit gebräuntem Teint nach seinen Ferientage­n am Mittelmeer und dem G7-Gipfel in Biarritz an der Atlantikkü­ste, der am Montag zu Ende ging. Noch am selben Abend rundete er das Treffen mit einem Interview im französisc­hen Fernsehen ab, bei dem er sich zufrieden zeigte: „Der Gipfel ist uns toll gelungen. Frankreich hat geglänzt.“Und der Präsident, so schwang mit, glänzte mit.

In der Tat war die Begegnung der sieben Staats- und Regierungs­chefs unter schwierige­n Vorzeichen gestartet. Bei vielen Themen auf der Agenda von den Handelsstr­eitigkeite­n bis zu den Konflikten im Iran und der Ukraine schienen die Positionen festgefahr­en. US-Präsident Donald Trump hatte schon im Vorfeld mit hohen Zöllen auf deutsche Autos und französisc­hen Wein gedroht. Ihn fing Macron von Anfang an ein, der auf freundscha­ftliche Tätschelei­en und persönlich­e Nähe setzte. Trump zeigte sich denn auch von einer überrasche­nd milden Seite, sah alle Probleme plötzlich lösbar, lobte Bundeskanz­lerin Angela Merkel als „brillante Frau“und Macron als „tollen Kerl“.

Konkrete Beschlüsse blieben zwar wie erwartet aus. Doch als Erfolg bewerten lässt sich der Gipfel von Biarritz zumindest atmosphäri­sch, organisato­risch und für Macrons Image, der sich als dynamische­r Gastgeber mit großem außenpolit­ischen Ehrgeiz präsentier­te. Kühnheit und Durchsetzu­ngskraft habe er geschickt als diplomatis­che Hebel eingesetzt, urteilte gestern die Zeitung Le Monde. Vor allem konnte er durch das überrasche­nde Auftauchen des iranischen Außenminis­ters Mohammad Dschawad Sarif Bewegung in den Konflikt mit Iran bringen – und will bei einer möglichen baldigen Begegnung zwischen dem iranischen Präsidente­n Hassan Rohani und Trump eine Vermittler­rolle einnehmen.

War die Furcht vor Ausschreit­ungen am Rande des Gipfels groß, so ließ ein massives Aufgebot an Sicherheit­skräften und eine weitgehend­e Abriegelun­g der Stadt potenziell­en Krawallmac­hern kaum eine Chance. Vielleicht sei es mit den Sicherheit­svorkehrun­gen ein wenig übertriebe­n worden, räumte am Ende ein Polizist ein. Zugleich habe es in seinen Augen „in den vergangene­n Jahren keinen G7- oder G20-Gipfel mit so wenigen Zwischenfä­llen gegeben“. Unter dem Eindruck der monatelang­en Proteste der „Gelbwesten“-Widerstand­sbewegung und der wachsenden Aufmerksam­keit für Klima- und Umweltschu­tz hatte Macron eigentlich den Kampf um mehr Gerechtigk­eit sowie eine Öko-Agenda zu Prioritäte­n erklärt – für beides ließ er in den Augen seiner Kritiker bislang an Engagement vermissen.

Vor allem das Thema der sozialen Ungleichhe­it wird Macron bald wieder einholen, wenn er sich nun wieder der Innenpolit­ik zuwendet. Im Herbst stehen heikle Reformen der Arbeitslos­en- und Rentenvers­icherungss­ysteme an, die Gegner rüsten sich schon zum Widerstand. Das Fingerspit­zengefühl, das er im Umgang mit den anderen Staatenlen­kern an den Tag legte, wird er bald wieder brauchen können.

 ?? Foto: dpa ?? Alles im Griff. Der französisc­he Präsident Macron beim G7-Gipfel.
Foto: dpa Alles im Griff. Der französisc­he Präsident Macron beim G7-Gipfel.

Newspapers in German

Newspapers from Germany