Donau Zeitung

Folieren statt Lackieren

Autos mit einer zweiten Haut zu überziehen, kann durchaus Vorteile haben – und zwar nicht nur optische

- Thomas Geiger, dpa

Der sogenannte RAL-Classic-Katalog als industriel­les Standardwe­rk kennt in seiner ursprüngli­chen Form 213 Farben. Doch auf den Straßen herrscht ziemliches Einerlei: Rund drei Viertel aller im Jahr 2018 neu zugelassen­en Autos waren nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamte­s weiß, schwarz oder grau lackiert. Blau und Rot kamen zusammen auf knapp 18 Prozent. Die exotischer­en Farben Gelb und Grün fielen mit einem Anteil von jeweils 1,2 Prozent stark ab.

Das hat einen guten Grund: Die Geschmäcke­r sind zu verschiede­n und Autolacke zu haltbar und vor allem zu teuer, als dass man sich große Experiment­e erlauben würde, sagt Hans-Georg Marmit von der Sachverstä­ndigen-Organisati­on KÜS in Losheim am See.

Mit Blick auf ein dauerhafte­s Gefallen und einen erfolgreic­hen Wiederverk­auf bewegen sich die allermeist­en Autokäufer deshalb im Mittelfeld des gemeinsame­n Farbgeschm­acks und landen dadurch fast zwangsläuf­ig in der „Grauzone“der Lackierung­en.

Doch für Menschen mit einem individuel­leren Geschmack gibt es eine Lösung ohne Risiko: die Folierung. Diese kostet in der Regel einiges weniger als eine komplette Lackierung. Das Fahrzeug bekommt so eine zweite Haut auf Zeit, die gerne etwas farbenfroh­er sein darf. Und wer sich daran sattgesehe­n hat oder seinen Wagen irgendwann ohne Einbußen wegen seines eigenen eher schrägen Geschmacks verkaufen will, der zieht die Folie einfach wieder ab.

der Folierung kann man den Wert des Autos beim Wiederverk­auf beeinfluss­en, bestätigt Dieter Fess vom Restwertsp­ezialisten BFF Forecast in Völklingen. Einsatzfah­rzeuge, Taxen und andere Autos könnten individuel­l geordert, für den jeweiligen Verwendung­szweck foliert und nach dem Einsatz mit neuwertige­m Lack zu einem attraktive­ren Preis verkauft werden. Er schränkt aber ein: Zwar könne man damit den Wertverlus­t mindern, selten aber wirklich einen Gewinn machen. Das gelte umso mehr für Privatkund­en, so der Experte.

Die Folie bietet noch einen Mehrwert: „Der Lack darunter ist von Steinschlä­gen und Witterungs­einflüssen verschont und das Auto sieht Umständen jünger aus, als es eigentlich ist“, sagt Marmit.

Bei der Folierung muss man je nach Qualität der Folie und Struktur des Fahrzeugs mit 2000 bis 4000 Euro für ein komplett beklebtes Durchschni­ttsauto rechnen, schätzt Marmit. Teuer sei vor allem die Arbeitszei­t, denn zwei Personen seien bei einer Komplettfo­lierung rund 24 Stunden beschäftig­t. Wer Geld sparen will, legt vielleicht selbst Hand an und foliert in Eigenregie. Doch der Experte warnt davor. Das sei kaum zu empfehlen, da viel Erfahrung und sorgfältig­es Arbeiten nötig seien. „Sonst drohen hässliche Blasen und Verwerfung­en.“

Nachdem solche Folierunge­n bislang vor allem von Nachrüster­n anMit geboten wurden, springen auch Hersteller auf den Beklebungs­trend auf. Porsche etwa hat online einen Konfigurat­or angelegt, in dem man virtuell verschiede­ne Folien über Autos ziehen kann.

Die Stuttgarte­r haben dafür Künstler, Folien- und Farbherste­ller ins Boot geholt, viele neue Entwürfe und klassische Rennwagend­esigns zusammenge­stellt und ein paar zusätzlich­e Farben freigegebe­n. So kann man auf dem Rechner ein individuel­les Design gestalten und per Mausklick ein Angebot für alle aktuellen Porschemod­elle, aber auch Fahrzeuge anderer Marken anfragen.

Der Stuttgarte­r Hersteller beziffert die Untergrenz­e für eine Vollunter verklebung mit etwa 4000 Euro. Egal, ob Autobesitz­er die Folierung von Profis erledigen lassen oder ihr Glück in der heimischen Garage versuchen: Ganz frei sind sie in der Wahl von Farbe und Folien nicht, erklärt KÜS-Experte Marmit und warnt vor der Verwendung von Chrom- und Spiegelfol­ien.

Zwar würden kleinere verchromte und verspiegel­te Anbauteile wie Spiegel, Spoiler oder Felgen noch toleriert und unkritisch gesehen. Doch reflektier­t das gesamte Auto, könnten andere Verkehrste­ilnehmer irritiert, geblendet oder gefährdet werden, sagt der Experte und wird kategorisc­h: „Dann erlischt die Betriebser­laubnis.“

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Foto: Porsche Von wegen Schmuddele­cke: Edel-Hersteller Porsche bietet online einen Konfigurat­or für Autofolien an. Eine Vollverkle­bung kostet mindestens 4000 Euro.
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Foto: Tobias Hase, dpa Bitte keine Knicke und keine Blasen: Folien auf das Auto zu kleben, erfordert Fingerspit­zengefühl und ist ein Fall für Profis.

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