Donau Zeitung

Ibiza-Video bestimmt Wahlkampf

Die Strache-Affäre ist allgegenwä­rtig

- VON MARIELE SCHULZE BERNDT

Wien Statt Aufbruchst­immung viele kleine Skandale. Statt politische­r Debatten über Klima oder bezahlbare­s Wohnen geht es um Parteifina­nzen. Die Ibiza-Affäre überschatt­et den Wahlkampf. Allerdings ermittelt die Justiz gegen Strache nur noch wegen Untreue, nicht wegen Korruption. An dem heimlich aufgenomme­nen Video von FPÖ-Chef Heinz Christian Strache kommt auch die Volksparte­i von Sebastian Kurz nicht vorbei. Da geht es um Parteienfi­nanzierung und Machtmissb­rauch. Welche Gegenleist­ung seine Großspende­r erhalten, wird Sebastian Kurz im ORF gefragt. „Nichts“, antwortet der. Denn das wäre Korruption, die müsse man erst beweisen. „Dann gehe ich gern ins Gefängnis“.

Der jüngste Skandal betrifft die Wahlkampff­inanzierun­g der ÖVP. Wurden die türkisen Luftballon­s, Kulis und Sonnenbril­len für diesen Wahlkampf angeschaff­t oder werden sie das ganze Jahr über verteilt? Der Wochenzeit­ung Falter wurden ÖVP-interne Dokumente zugespielt, die beweisen sollen, dass Wahlkampfk­osten durch eine Art zweiter Buchführun­g versteckt würden, um die Obergrenze von sieben Mio. Euro für die letzten 82 Tage vor den Parlaments­wahlen am 29. September einhalten zu können. Danach plant die ÖVP, neun Millionen Euro für den Wahlkampf auszugeben. Die ÖVP bestreitet das und kündigt an, gegen den Falter auf Unterlassu­ng zu klagen.

Ihre Glaubwürdi­gkeit wird jedoch dadurch beeinträch­tigt, dass sie im Wahlkampf 2017 die von den Parteien vereinbart­e Obergrenze von einer Million Euro um sechs Millionen Euro überschrit­ten hat. Die dafür fällige Strafe – immerhin eine Million – nimmt die Partei in Kauf. Die Parteien in Österreich müssen ihre tatsächlic­hen Einnahmen und Ausgaben erst zwei Jahre später dem Rechnungsh­of melden, geprüft von eigenen Wirtschaft­sprüfern. Dabei reizen sie die gesetzlich­en Spielräume bis an die Grenzen der Illegalitä­t aus, stellt der Experte Hubert Sickinger fest. Für 2017 hatte der Rechnungsh­of sowohl bei der ÖVP als auch bei SPÖ und FPÖ Gesetzesve­rstöße kritisiert.

Nun beginnt die heiße Phase des Wahlkampfs mit einer Serie von Politik-Talkshows mit den Spitzenkan­didaten. Die SPÖ-Vorsitzend­e Pamela Rendi-Wagner machte dabei keine schlechte Figur. Dennoch aber liegt die SPÖ in Umfragen bei 22 Prozent – also fünfzehn Prozent hinter Kurz.

Die inhaltlich­e Schnittmen­ge mit der SPÖ ist gering. Dennoch gibt es Planspiele für eine Koalition mit Rendi-Wagner als Gesundheit­sministeri­n und ÖGB-Chef Wolfgang Katzian als Sozialmini­ster. Teile der Grünen lehnen ein Bündnis mit der ÖVP bisher lautstark ab. Die FPÖ gilt nach dem Ibiza-Video als nicht regierungs­fähig, und doch hat sie sich auf eine Fortsetzun­g der „erfolgreic­hen Zusammenar­beit“mit der ÖVP festgelegt. Kanzler Kurz hält sich auch diese Option offen – allerdings nur, wenn Innenminis­ter Herbert Kickl außen vor bleibt.

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Foto: dpa Fast schon Kultstatus hat das Ibiza-Video mit Strache in der Hauptrolle.

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