Wunderbar gestört
Ein New Yorker Arzt will unbedingt Schweine züchten in Nazareth
„Schweine züchten in Nazareth“– was für eine Idee! Zwar sind Juden und Moslems dort sich sehr abgeneigt, doch eint beide die Ablehnung der Schweine. Das scheint den ehemaligen New Yorker Arzt Harry Rosenmerck (James Caan) besonders zu reizen. Was in seiner bemerkenswert gestörten Familie sonst noch passiert, zeigt Regisseurin Amanda Sthers („Madame“) nun in der großartigen Verfilmung ihres eigenen Romans mit vielen Stars.
Die sehr schrägen Familien-Verhältnisse bekommen schnell Tiefe: Harrys hypochondrische Ex-Frau Monica (Rosanna Arquette) hat in New York tatsächlich einen Tumor und nur noch ein Jahr zu leben. Die 34-jährige Tochter Annabelle (Efrat Dor), die noch von den Eltern finanziert wird, versucht in Brüssel, ihre seelischen Schmerzen zu bewältigen. Der schwule Sohn David (Jonathan Rhys Meyers) macht ein Theaterstück daraus. Derweil zieht der Vater, der nie Haustiere erlaubte, selbst ein kleines Ferkel per Hand groß und nennt es Judas.
Berührende persönliche Dramen und große Themen verbindet „Die Wurzeln des Glücks“mutig und gekonnt. Harry geht sehr geistreich mit den engstirnigen und humorlosen Priestern aus allen drei abrahamitischen Religionen um. Zum resoluten Rabbi Moshe (Tom Hollander) entwickelt er eine besondere Freundschaft. Der nicht mehr praktizierende Jude findet hier Trost bei der Schabbat-Feier, Moshes Kinder sind vom süßen Ferkel begeistert.
Ja, die Situation ist im Großen und Kleinen nicht einfach. Als Annabelles Party am Strand von Tel Aviv durch Raketenalarm unterbrochen wird, ändert spontaner Sex mit einem Unbekannten im Unterstand bald ihr Leben. Amanda Sthers verbindet in ihrem wunderbaren Film über eine Familie, die unfähig ist, mit Krankheit und Gefühlen umzugehen, Gefühl, Verstand und Kunst.
Die Wurzeln des Glücks (1 Std. 40 Min.), Drama, Frankreich/Belgien 2019 Wertung ★★★★✩