Es hat „grandios funktioniert“
Der Auftakt zur aufwendigen SPD-Kandidatenkür wird in der Partei als Erfolg gewertet. Trotzdem werden bei den folgenden 22 Veranstaltungen wohl weitere Kandidaten abspringen
Berlin Nachdem Lars Klingbeil die Sache überschlafen hatte, war er immer noch überzeugt. „Das war ein guter Auftakt für unsere Tour gestern in Saarbrücken“, erklärte der SPD-Generalsekretär am Donnerstag erfreut. Die Premiere der großen SPD-Kandidatenkür für die Wahl der neuen Partei-Doppelspitze lag da ein paar Stunden hinter ihm, in der Saarbrücker Kongresshalle hatten sich acht Kandidatenpaare sowie Einzelbewerber KarlHeinz Brunner erstmals dem Publikum gestellt. Simone Lange und Alexander Ahrens zogen allerdings überraschend ihre Bewerbung zurück – und nach Brunners Einschätzung dürften ihnen noch weitere Kandidaten folgen.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete und frühere Illertisser Bürgermeister Brunner vergab für die Kandidatenkür insgesamt nur gute Haltungsnoten. Die Kandidaten hätten „einen offenen Umgang und ein sehr freundschaftliches Verhältnis“miteinander gepflegt, lobt er im Gespräch mit unserer Redaktion. „Es gab und gibt überhaupt kein Konkurrenzdenken, sondern wir sagen, dass die besten Ideen gewinnen sollen.“Die beiden Oberbürgermeister Lange (Flensburg) und Ahrens (Bautzen) hatten sich am Abend zwar auch auf die rote Bühne gestellt und eine Bewerbungsrede gehalten – an deren Ende zogen sie ihre Kandidatur allerdings zugunsten von Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans zurück. Ein Schritt, von dem ihre Mitbewerber nichts wussten. „Es kam für uns auch etwas überraschend, dass sie schon jetzt zurückgezogen haben“, sagt Brunner. Er lobt aber, beide hätten ihren Entschluss gut begründet. „Chapeau, dass die beiden das so gemacht haben.“
Gleichzeitig zeigt sich Brunner davon überzeugt, dass sich das Bewerberfeld in den noch anstehenden 22 Regionalkonferenzen weiter verkleinern wird. „Wir wissen natürlich, dass noch andere Kandidaten im Laufe dieses Prozesses aus unterschiedlichen Gründen zurückziehen werden, um den Auswahlprozess für die Mitglieder der SPD zu beschleunigen und zu verbessern“, sagt er. „Wir wollen ja am Ende eine gute, eine klare und deutliche Mehrheit für diejenigen, die Parteivorsitzende werden sollen. Dazu gehört, dass jeder dazu am richtigen Ort und an der richtigen Stelle seinen Beitrag leistet.“Der Abgeordnete aus dem Wahlkreis Neu-Ulm schließt zumindest nicht aus, dass auch er die Karawane vor der Zeit verlassen wird. „Es ist jetzt verfrüht, über meine Pläne zu reden“, sagt Brunner und betont gleichzeitig, er habe „immer gesagt, dass ich mir vorstellen kann, im Verlauf der Veranstaltung zugunsten eines Kandidatenpaares zurückzuziehen.“
Es sei aber längst noch nicht so weit. Er brauche noch mehr Informationen, um zu wissen, welches Kandidatenpaar seine politischen Wünsche umsetzen könne. „Denn es geht nicht darum, dass X, Y oder Z Vorsitzender wird, sondern es geht darum, dass die Sozialdemokratie nach vorne kommt.“
Die Kandidatenkür wird am 12. Oktober in München beendet. Bis dahin vergeht noch einige Zeit, und die Union sorgt sich, dass die Sozialdemokraten bis dahin nichts anders mehr im Kopf haben.
„Wir wissen, dass sich die SPD einige Zeit mit sich selbst beschäftigen muss“, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt bei einer Unionsfraktions-Vorstandsklausur in Potsdam und mahnte, dass „die Arbeit in der Regierung aber weitergehen“müsse. Die Union erwarte, dass die SPD diese Arbeit „jetzt nicht schleifen lässt“.
Die leidgeplagte, von schlechten Wahlergebnissen gebeutelte SPD wird die Mahnung des Koalitionspartners zur Kenntnis genommen haben. Vorerst freuen sich die Anhänger aber, dass ihre Partei „nicht tot ist, sondern lebt“und die Auftaktveranstaltung in Saarbrücken „grandios funktioniert“hat, wie in den sozialen Netzwerken gejubelt wird.
Ob es womöglich noch Änderungen am Format der SPD-Kür geben muss? Für Karl-Heinz Brunner ist das „von der Bühne aus schwer zu sagen“. Es habe von allen Bewerberinnen und Bewerbern den Wunsch gegeben, dass es um Ideen gehen solle. „Der Wunsch ist aber nicht, einen offenen Schlagabtausch zu veranstalten und zu schauen, wer nun gerade kurzfristig mal einen Punkt setzt“, sagt Brunner. „Nein, wir wollen für die Sozialdemokratie das Beste, und das ist uns, glaube ich, am Mittwochabend auch gut gelungen.“
Kandidat Brunner war vom Rückzug völlig überrascht