Donau Zeitung

Die Gastronome­n im Kreis Dillingen suchen Personal

Kürzere Öffnungsze­iten, weil Mitarbeite­r fehlen: Viele Restaurant­s im Landkreis haben Probleme, obwohl ihre Betriebe eigentlich gut laufen. Gründe sind ein höheres Augenmerk auf die „Work-Life-Balance“– und ein schlechtes Image

- VON JAKOB STADLER

Manche müssen ihre Öffnungsze­iten anpassen. Gründe sind die „Work-Life-Balance“– und das Image der Branche.

Landkreis Viele Gastronome­n im Landkreis Dillingen haben dasselbe Problem. Es fehlt Personal, um das Essen zuzubereit­en und es mit angemessen­em Service zu den Gästen zu bringen. Es wird immer schwerer, Mitarbeite­r zu finden. „Da können Sie fast jeden Betrieb im Landkreis fragen“, sagt Josef Stark, Inhaber des Landgastho­fes Stark in Gottmannsh­ofen und Kreisvorsi­tzender des Deutschen Hotel- und Gaststätte­nverbandes (Dehoga).

Der Personalma­ngel hat Auswirkung­en. Da gibt es Betriebe wie den Neuhof, wo der Chef deswegen ans Aufhören denkt (wir berichtete­n). Andere reduzieren ihre Öffnungsze­iten, bieten etwa keinen Mittagstis­ch mehr an. Ein Gastronomi­ebetrieb aus dem Landkreis will vorerst zum Beispiel nicht in der Zeitung vorgestell­t werden. Das würde zwar Aufmerksam­keit bringen, gut, aber dann kommen mehr Leute. Und bei der aktuellen Besetzung könne er das nicht stemmen.

Stark erklärt, betroffen seien sowohl der Service als auch die Küche. Es war auch früher nicht besonders leicht, Personal für Restaurant­s zu finden, räumt er ein. Aber das Problem werde schlimmer. Die Bezahlung sei dabei gar nicht das große Thema. „Das kann sich eh keiner mehr leisten, seine Leute schlecht zu bezahlen.“Nein, Hauptgrund seien veränderte Prioritäte­n der Menschen, was ihre Freizeitge­staltung anbelangt. Die sogenannte „WorkLife-Balance“. Die Arbeitszei­ten schrecken potenziell­e Bewerber ab. Restaurant­mitarbeite­r müssen abends ran, auch Samstag und Sonntag sind die Gastronomi­en geöffnet. „Viele sagen: Ich will das Wochenende für mich haben“, erklärt Stark. Hinzu komme, dass die Arbeitslos­igkeit in der Region mit rund zwei Prozent auf einem extrem niedrigen Level ist.

Alexander Lodner, der in Lauingen das Genießerho­tel Lodner, das Hotel Drei Mohren und die zugehörige­n Restaurant­s betreibt, bestätigt die Schwierigk­eiten. Er sagt: „Momentan kann ich noch viel ausgleiche­n. Aber stellenwei­se funktionie­rt das nicht mehr.“Wenn wie jetzt Mitarbeite­r im wohlverdie­nten Urlaub sind und andere krankheits­bedingt ausfallen, wird es eng. „So, wie es momentan aussieht, kann ich nicht sagen, ob ich am Sonntag aufsperren kann“, erklärte er am Donnerstag. Sein Unternehme­n sei lange verschont geblieben, „bis 2014 oder 2015 haben wir gar keine Probleme gehabt“. Das liege an den vielen langfristi­ge Arbeitsver­hältnissen. Doch dann gab es Kündigunge­n, weil Mitarbeite­r aus der Region weggezogen sind. Seitdem hat auch Lodner zu kämpfen. Er habe zwar kürzlich eine neue Kraft eingestell­t – das heiße aber nicht, dass er das Patentreze­pt habe. „Das war Glück“, sagt er.

Lodner betont, das große Problem sei, dass die Menschen ein falsches Bild von der Arbeit in der Gastronomi­e hätten. „Wir werden negativ dargestell­t“, beklagt er. Und es werde mit zweierlei Maß gemessen. „Bei BSH am Band wird auch in Schichten gearbeitet.“Wenn es eng wird, dann müssten Mitarbeite­r dort auch am Wochenende kommen. Im Supermarkt sei die Arbeit am Samstag normal – in Baden-Württember­g sogar bis 22 Uhr. „Wir sind nicht die Einzigen, die an diesen Tagen arbeiten.“Besonders störe ihn das „furchtbare Klischee mit den Löhnen“. Das Lohnniveau sei gerade in Bayern recht hoch. Trotzdem gebe es diese Vorurteile, sogar dort, wo man es eigentlich besser wissen sollte. „Die Damen und Herren vom Arbeitsamt sollten ein ehrliches Bild von dem Beruf zeichnen.“Lodner erzählt, er habe erlebt, dass dort Arbeitssuc­hende mit den Klischees konfrontie­rt wurden und sich gegen eine Lehre oder Anstellung in der Branche entschiede­n haben. Und dann gab es da einen jungen Mann, der eigentlich kurz davor war, einen Lehrlingsv­ertrag zu unterschre­iben. Sein Lehrer habe ihm das dann ausgeredet.

Auch Markus Egger, Inhaber des Wertinger Restaurant­s Gänsweid, sagt: „Das wird schlimmer, definitiv.“Vor allem das Bild des Kochs werde schlecht dargestell­t: viel Arbeit, wenig Geld. Dabei sei die Stundenanz­ahl geregelt: „Wir dokumentie­ren die Arbeitszei­ten, der Koch darf auch nicht länger arbeiten als andere.“Ja, es gebe die „harten Zeiten“, etwa am Wochenende. „Aber das gibt es doch überall.“Ein weiterer Grund, warum der Personalma­ngel sich zuspitzt: Früher sei es üblicher gewesen, dass Hausfrauen nebenbei als Minijob kellnern. Das sei inzwischen die Ausnahme.

Bisher musste Egger die Öffnungsze­iten des Gänsweid noch nicht reduzieren. „Aber das wird wahrschein­lich kommen“, sagt er. „Momentan kämpfen wir.“Sein Wunsch: Man müsse die Ausbildung attraktive­r gestalten. Da könne man auch mit mehr Geld etwas erreichen.

Josef Stark erklärt, dass man versuche, junge Menschen für die Branche zu gewinnen. Der „Dehoga“informiere jedes Jahr auf Messen, etwa auf der Fit for Job in Höchstädt. Da müsse sich der Verband dann mit den ganz Großen messen, aus anderen Fachrichtu­ngen oder auch mit Großbetrie­ben der Lebensmitt­elbranche. Viele gelernte Kräfte werden abgeworben – besonders ärgerlich sei es natürlich, wenn man jemanden ausbildet und ihn dann an einen Konzern verliert.

Eine einfache Lösung für dieses Problem gebe es nicht. „Man muss individuel­l für sein Haus schauen, was man tun kann“, so Stark. Teildienst­e, bei denen Mitarbeite­r eine Schicht am Mittag arbeiten und nach einer längeren Pause abends wieder ran müssen, mache kaum jemand mehr mit. Die Öffnungsze­iten anzupassen, könnte daher helfen – je nach Betrieb. Ein Grund, warum es bei ihm noch verhältnis­mäßig gut laufe, sei sein gut organisier­tes Team. „Da bin ich manchmal ganz außen vor“, sagt er – denn nicht er organisier­t die Mitarbeite­r, sondern das Personal regelt das selbst über eine WhatsAppGr­uppe. Da werden Schichten getauscht und Vertretung­en gesucht. „Klassische Dienstplän­e, wo der Chef das reinklopft, und das ist dann so, die gibt es nicht mehr“, sagt Stark. Wichtig sei, dass jemand da ist, nicht wer. „Das klappt bei meinen Mitarbeite­rn wunderbar.“

Um sich über dieses und andere Themen auszutausc­hen, veranstalt­et der Dehoga im Kreis Dillingen Stammtisch­e, den nächsten am Dienstag, 8. Oktober. Der Personalma­ngel wird ein Thema sein, wenn die Referenten über die Gastronomi­e der Zukunft und Existenzsi­cherung sprechen. Mit Helmut Kammerer und Muk Röhrl kommen besonders interessan­te Redner, betont Stark. Alle Gastronome­n sind eingeladen, auch diejenigen, die nicht Mitglied des Hotel- und Gaststätte­nverbandes sind. Das Treffen findet um 15 Uhr im Aislinger Landgastho­f Adler der Familie Uhl statt.

Klischees machen es den Gastronome­n schwer

 ?? Symbolfoto: Mark Umbrella, stock.adobe.com ?? Ohne Serviceper­sonal geht in der Gastronomi­e nichts. Und das spüren auch viele Wirte in der Region. Weil es immer schwierige­r wird, Mitarbeite­r zu finden, müssen einige ihre Öffnungsze­iten anpassen.
Symbolfoto: Mark Umbrella, stock.adobe.com Ohne Serviceper­sonal geht in der Gastronomi­e nichts. Und das spüren auch viele Wirte in der Region. Weil es immer schwierige­r wird, Mitarbeite­r zu finden, müssen einige ihre Öffnungsze­iten anpassen.

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