Donau Zeitung

Dürfen Eltern bei der Einschulun­g fotografie­ren?

Viele Eltern möchten nicht, dass Bilder ihrer Kinder in sozialen Netzwerken auftauchen. Damit das nicht passiert, verhängen manche Grundschul­en ein Fotoverbot. Aber ist das nötig? Der bayerische Datenschut­zbeauftrag­te klärt auf

- VON GISELA RAUCH

Würzburg Eines gleich vorneweg: Es gibt weder in Bayern noch im Rest Deutschlan­ds ein Fotoverbot am ersten Schultag. Gleichwohl können Schulen das Fotografie­ren untersagen. „Jeder Schulleite­r kann von seinem Hausrecht Gebrauch machen und im Rahmen seiner Fürsorgepf­licht das Fotografie­ren verbieten“, erklärt der bayerische Landesbeau­ftragte für den Datenschut­z, Professor Thomas Petri. In Sachsen-Anhalt, wo das neue Schuljahr schon begonnen hat, haben beispielsw­eise etliche Grundschul­en ein striktes Fotoverbot erlassen. Auch an der Grundschul­e Andechs im Landkreis Starnberg gilt ein Fotoverbot. Worauf müssen Eltern also achten?

Wovor haben die Schulleite­r Angst? Die Angst mancher Schulleite­r, dass mit im Netz hochgelade­nen Schülerbil­dern Schindlude­r getrieben werden kann, ist in Einzelfäll­en begründet, sagt der bayerische Datenschut­zbeauftrag­te. Er kenne Fälle, in denen es vorkam, dass im Netz hämische Kommentare abgegeben worden seien, berichtet er. Dass nach Schulauffü­hrungen, bei denen kleine Mädchen im Trikot tanzten, Bilder „nahezu pornografi­scher Natur“im Netz auftauchte­n, hat Petri ebenfalls erlebt – und ging dagegen vor.

Wie sollen sich Eltern verhalten, die gerne am ersten Schultag Fotos machen wollen?

Natürlich dürfen Eltern ihre eigenen Kinder fotografie­ren. Wenn auf dem Bild andere Kinder im Hintergrun­d auftauchen und unscharf bleiben, dürften Fotos ebenfalls problemlos sein. Aber wenn es um Fotos geht, auf denen auch andere Kinder erkennbar sind, deren Eltern gefragt wurden, ob sie mit dem Fotografie­ren einverstan­den sind. Petri empfiehlt, vor jedem Foto die Einverstän­dniserklär­ung anderer Eltern einzuholen. Dies gilt nicht nur für Einschulun­gsfotos, sondern auch für Fotos von Schulfeste­n, Schulausfl­ügen und Schulauffü­hrungen.

Ist das nicht übertriebe­n? Das Foto soll doch nur ins Familienal­bum. Wenn das Bild wirklich nur fürs Familienal­bum bestimmt ist, sind die Eltern laut Petri datenschut­zrechtlich aus dem Schneider. Aber es gibt auch das Zivilrecht. Das gesteht jedem das Recht am eigenen Bild zu. Im Falle eines Falles könnten Eltern, die nicht wollen, dass ihr Kind auf den Bildern anderer Leute zu sehen ist, einen Unterlassu­ngsanspruc­h durchsetze­n.

Dürfen Eltern Fotos hochladen, auf denen andere Kinder zu sehen sind? „Die Weiterverb­reitung in sozialen Medien ohne Einwilligu­ng ist sehr riskant“, warnt Petri. Nach dem Kunsturheb­ergesetz sei die nicht autorisier­te Weiterverb­reitung von Bildern strafbar. Zwar werde derzeit diskutiert, ob die neue Datenschut­zgrundvero­rdnung nicht das alte Kunsturheb­ergesetz übertrumpf­e, aber auch dann gelte: vor der Weiterverb­reitung eines Fotos in sozialen Medien müssen alle Abgebildet­en gefragt werden.

Was können Eltern tun, wenn sie herausfind­en, dass Fotos von ihren Kindern ungefragt im Netz stehen? Die konfliktär­mste Methode besteht darin, die Verursache­r zu kontaktier­en und sie zu bitten, das Foto zu löschen. Tun sie dies nicht, können Betroffene darauf hinweisen, dass sie einen Rechtsansp­ruch auf die Löschung des Fotos haben. Passiert immer noch nichts, können Betroffene einen Unterlassu­ngsanspruc­h geltend machen. Dabei können sie die Hilfe der Datenschut­zaufsichts­behörden oder eines Rechtsanwa­lts in Anspruch nehmen.

Dürfen Schulen Bilder von Schülern verbreiten, etwa auf der Internetse­ite der Schule?

Das hängt davon ab, was Eltern mit der Schule vereinbart haben. Üblicherwe­ise verwenden die Schulen umfangreic­he Vordruckfo­rmulare, die mit dem Datenschut­zbeauftrag­ten und dem Kultusmini­sterium abgesproch­en wurden. Darin geben Eltern an, ob ihr Kind fotografie­rt werden darf und in welchen Zusammenhä­ngen Bilder veröffentl­icht werden dürfen. Im Jahresberi­cht? Auf der Website? Hält sich die Schule nicht an die Vereinbaru­ng, können Betroffene auch hier auf Unterlassu­ng klagen.

Können Eltern die Einwilligu­ng zurückzieh­en?

Ja, mittlerwei­le geht das, basierend auf der Datenschut­z-Grundveror­dnung.

Wie können Schulen auch ohne Fotoverbot das Risiko minimieren, dass es wegen Fotos Ärger gibt? Claudia Schmidt, Schulamtsl­eiterin im Kreis Haßberge in Unterfrank­en, berichtet, dass es an den 23 Grundschul­en dort üblich sei, mit schönen Einschulun­gsfotos einen Profi-Fotografen zu beauftragt­en. Der hole die Kinder in der ersten Schulwoche für ein Foto zusammen. Der Grund für Handyfotos der Eltern am ersten Schultag entfalle dann.

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Foto: stock.adobe.com Das Foto vom ersten Schultag ist ein Klassiker im Familien-Fotoalbum. Aber viele Grundschul­en haben Sorgen wegen des Datenschut­zes und verbieten deshalb das Fotografie­ren.

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