Donau Zeitung

Schaufenst­er-Politik

- VON CHRISTIAN GRIMM chg@augsburger-allgemeine.de

Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze will Plastiktüt­en per Verbot aus dem Handel verbannen. Was sich gut anhört, ist reine Symbolpoli­tik. Denn Plastiktüt­en stehen für nicht einmal ein Prozent des Verpackung­smülls in Deutschlan­d. Zu allem Überfluss bleibt die SPDPolitik­erin auf halber Strecke stehen, denn die dünnen Tüten für Obst und Gemüse bleiben erlaubt. Ein Teil der Kunden wird einfach bei ihnen stärker zugreifen.

Wie durchsicht­ig Schulzes Manöver daherkommt, zeigt auch, dass ihr Sprecher im Frühjahr noch von

Peanuts sprach, als Entwicklun­gsminister Gerd Müller eben ein solches Verbot gefordert hatte. Papiertüte­n als Kunststoff­ersatz taugen auch nicht wirklich. Zwar verrotten sie gut und zerfallen nicht in Mikroteilc­hen, doch für ihre Herstellun­g wird viel Wasser und Energie benötigt. Die Ökobilanz fällt nicht besser aus.

In Wahrheit steht Schulze vor einem Dilemma und mit ihr die ganze Gesellscha­ft. Die Deutschen zählen zu den größten Müllproduz­enten der Welt. Herunterge­rechnet sind es pro Kopf rund 220 Kilo im Jahr. Die moderne Lebensweis­e fordert ihren Tribut. Unsere Lebensmitt­el sind mehrfach eingewicke­lt und verpackt. Selbst wenn jeder eine Tasche, einen Rucksack oder Omas Einkaufsne­tz mitbringt, ändert das wenig. Tiefkühlpi­zza, Frostgemüs­e, Mozzarella oder Kaffee lassen sich nicht lose transporti­eren. Müll reduzieren ließe sich, wenn die Verbrauche­r zu möglichst vielen frischen Lebensmitt­eln greifen würden. Die Bundesregi­erung könnte außerdem die Verwendung von Kunststoff mittels einer Steuer drastisch verteuern. Bei ehrlicher Betrachtun­g wird es aber auch künftig nicht ohne Pappe, Plastik und Alufolie gehen. Hoffnung macht, dass in der Wirtschaft intensiv an nachhaltig­en Verpackung­en gearbeitet wird.

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