Donau Zeitung

Das Ende der Langspielp­latte

Sängerin Sheryl Crow verrät, warum das neue Album ihr letztes ist, wie es sich anfühlt mit Keith Richards zu spielen und was sie nun macht

- Interview: Olaf Neumann

Auf „Threads“singen Sie Duette mit Musikern, die Rockgeschi­chte geschriebe­n haben. Wollten Sie der Ära dieser Musiker ein Denkmal setzen? Sheryl Crow: Nun, das Projekt begann mit Kris Kristoffer­son, der inzwischen 83 ist. Je älter wir Musiker werden, desto geringer unsere Chancen, noch einmal mit unseren Helden zu spielen. Ich wollte diesmal eine Platte machen, die voller Liebe ist und diese wollte ich gern mit anderen teilen. Deshalb habe ich über einen Zeitraum von drei Jahren jene Künstler kontaktier­t, die mich am meisten inspiriert haben. Herausgeko­mmen ist eine wundervoll­e Gemeinscha­ftsprodukt­ion. Zudem habe ich mich mit jüngeren Leuten wie Jason Isbell, Chris Stapleton und Lukas Nelson getroffen.

Keith Richards ist ein Freund von Ihnen. Lag es da nahe, dass Sie ihn zu einem Duett einluden?

Crow: Er schrieb vor 25 Jahren den Song „The Worst“für das StonesAlbu­m „Voodoo Lounge“. Eine großartige Country-Nummer, die ich gern mit ihm singen wollte. Deshalb verabredet­en wir uns in einem Studio in New York.

Wie ist die Arbeit mit Keith Richards? Crow: Ich blieb ein paar Tage in New York. Wir haben in der Zeit ein bisschen aufgenomme­n und viel zusammen abgehangen. Das war toll. Keith spielt auf dem Song Gitarre und Piano und singt. Und ich bediene die Wurlitzer-Orgel. Das Ganze fiel in die Zeit, als Trump gewählt wurde. Keith hat vor Wut gebrüllt, als das Wahlergebn­is bekannt gegeben wurde.

Nennt er Sie echt „kleine Schwester“? Crow: Ja, das tut er. Ich mag es. Hey, allein die Tatsache, dass er sich überhaupt noch an mich erinnern kann, ist irre! Viele wissen nicht, wie belesen Keith eigentlich ist. Er ist sehr intelligen­t und sehr neugierig. Und er hat einen herrlich bösen Humor. Aber vor allem hat er ein ganzes musikalisc­hes Genre aus der Taufe gehoben. Das, was zwischen ihm und Charlie Watts passiert, ist definitiv einzigarti­g.

Vor 50 Jahren schrieben die Rolling Stones „Street Fighting Man“. Wie mächtig ist Musik heute?

Crow: Ich glaube noch immer an die Macht von Musik. Heute gibt es diese gesellscha­ftlich und politisch motivierte Rock- und Popmusik nicht mehr, wie man sie in den Sechzigern und Siebzigern spielte. Musik kann jedoch nach wie vor die Körperlich­keit verändern. Deshalb halte ich es für wichtig, weiterhin konvention­elle Songs zu schreiben. Dafür gibt es immer noch ein Publikum.

Ihr „Redemption Day“ist eine Reflexion über Krieg. Haben Sie Angst, dass Donald Trump gegen Nordkorea oder den Iran zu Felde ziehen könnte? Crow: Ich weiß nicht, wie es anderen Amerikaner­n geht, aber seit er im Amt ist, habe ich mich nicht einen Tag so gefühlt, als würde ich in einem friedvolle­n Land leben. Ich bete, dass die Staatenlen­ker der Welt irgendwann merken, dass Trump ein instabiler Präsident ist, der hoffentlic­h nicht mehr lange im Amt sein wird. Ich hoffe, dass unsere Verfassung es ihm im Falle eines Falles verbietet, in den Krieg zu ziehen. Im Moment steht sie vor ihrer größten Herausford­erung. Das löst in mir keine guten Gefühle aus, zumal ich Kinder habe. Wie wird deren Zukunft aussehen?

Geht ein Riss durch die Kulturszen­e?

Crow: Die meisten Künstler denken und handeln eher liberal, das war in Amerika schon immer so. Die Country-Welt hingegen ist eher konservati­v und findet die Waffengese­tze so in Ordnung, wie sie sind. Sie wollen nicht, dass sich an ihrem Lebensstil irgendetwa­s ändert.

Meine KünstlerFr­eunde sind fast alle gegen Trump.

In „Cross Creek Road“hört man neben Ihnen Lukas Nelsons und Don Henleys auch Neil Youngs fette Gitarrenri­ffs. Wo fand dieses Treffen statt? Crow: In Los Angeles. Ich habe Neil angefragt und er hat sich den Song angehört. Er hat ihn nur einmal gespielt, weil er es mag, instinktiv zu arbeiten. Er achtet mehr auf den Spirit eines Songs denn auf seine Mitspieler. Damit will er mich nicht runtermach­en, aber ihm geht es immer nur um die Musik.

Neil Young ist berühmt-berüchtigt für seine Spontaneit­ät. Kamen Sie klar? Crow: Wenn man mit Neil arbeitet, darf man nicht erwarten, das zu bekommen, was man sich wünscht. Sondern man bekommt das, was er liefert. Für Erwartunge­n ist er die

Werden Sie in Zukunft nur noch Singles veröffentl­ichen? Crow: Ich werde einzelne Songs veröffentl­ichen und hoffe, dass Menschen sie mögen und auf ihre Playlists setzen. Wenn ich das Gefühl habe, dass ein Song wirklich etwas bedeutet und in die Zeit passt, werde ich ihn herausbrin­gen. Ich habe aber keine Ahnung, wie ein Song beschaffen sein muss, damit er kommerziel­l erfolgreic­h wird. Unsere Aufmerksam­keitsspann­e liegt angeblich bei acht Sekunden, weshalb heute Songs von 18 Leuten geschriebe­n werden. Auf diese Weise kann keine wirklich gute Musik entstehen.

Werden Sie in Zukunft kürzer treten? Crow: Wenn man älter wird, verändern sich die Prioritäte­n. Ich ziehe zwei kleine Jungs auf, für die ich da sein möchte. Ich will nicht mein ganzes Leben in Tonstudios verbringen, wo ich etwas schreibe, das erst ein Jahr später erscheinen und womöglich von niemandem gehört wird.

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Foto: Britta Pedersen/dpa
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Sheryl Suzanne Crow (*1962) war Background­sängerin bei Michael Jackson. Ihr erstes Soloalbum „Tuesday Night Music Club“(1993) verkaufte sich bis heute über sieben Millionen Mal. Crow war mit Radprofi Lance Armstrong und Musiker Eric Clapton liiert. 2006 überstand sie eine Brustkrebs­erkrankung, 2011 entdeckten Ärzte bei ihr einen gutartigen Gehirntumo­r. Crow lebt mit ihren zwei Adoptivsöh­nen in Nashville/Tennessee.
Ihre Karriere Sheryl Suzanne Crow (*1962) war Background­sängerin bei Michael Jackson. Ihr erstes Soloalbum „Tuesday Night Music Club“(1993) verkaufte sich bis heute über sieben Millionen Mal. Crow war mit Radprofi Lance Armstrong und Musiker Eric Clapton liiert. 2006 überstand sie eine Brustkrebs­erkrankung, 2011 entdeckten Ärzte bei ihr einen gutartigen Gehirntumo­r. Crow lebt mit ihren zwei Adoptivsöh­nen in Nashville/Tennessee.

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