Sexueller Missbrauch am Johanneum – und wie die katholische Kirche Betroffene finanziell unterstützt
● Pater W., der Christian Fischer missbrauchte, räumte 2010 ein, sich in den 70er und 80er Jahren an Minderjährigen vergangen zu haben. Zwei Jahre danach wurde er per kirchlichem Strafdekret aus Rom „dauerhaft jeglichen Dienstes in der Kirche enthoben und ihm geboten, ein Leben des Gebetes und der Buße innerhalb einer Kommunität der Ordensgemeinschaft zu führen“. Lokalzeitungen berichteten, dass er 1986 – wegen aufgekommener Missbrauchsvorwürfe – vom Johanneum nach Münster versetzt und dort bis Anfang 2010 als Seelsorger in einer Pfarrgemeinde in der Jugendarbeit und an Grundschulen eingesetzt wurde. Seit April ist er 75 Jahre alt.
● Insgesamt wird von mindestens zwölf Opfern – die Zahl dürfte weitaus höher liegen – und von bis zu acht Tätern am Johanneum ausgegangen. Keiner der mutmaßlichen Täter musste sich vor einem Gericht verantworten: Fälle waren verjährt, Beschuldigte gestorben. ● Die Kritik an den Hiltruper Missionaren, sie verweigerten sich einer aktiven, ernsthaften und umfassenden Aufarbeitung, ist bis heute ungebrochen. Opfer wie Christian Fischer werfen dem Orden unter anderem vor, vom Geschehen im Internat gewusst und es hingenommen zu haben. Erst Ende 2018 bat ein Ordensvertreter bei der Einweihung eines Gedenkortes auf dem Schulgelände die Opfer um Vergebung – nach „jahrelangem Schweigen“, wie ein Medienbericht vermerkte. ● Betroffene sexuellen Missbrauchs durch katholische Kleriker, Ordensangehörige oder Mitarbeiter im kirchlichen Dienst können auf Antrag „Leistungen in Anerkennung des erlittenen Leids“in einer Höhe von in der Regel bis zu 5000 Euro erhalten. Hierzu müssen sie sich an die jeweiligen Missbrauchsbeauftragten eines Bistums oder Ordens wenden, in dessen Verantwortung der Täter zum Zeitpunkt der Tat stand, erklärt die Deutsche Bischofskonferenz. Eine Zentrale Koordinierungsstelle prüft die Anträge. Zudem können Opfer die Übernahme von Kosten für Therapien beantragen.
● Seit 2010 hat zum Beispiel die Diözese Augsburg nach eigenen Angaben für 76 Opfer insgesamt 574 684,11 Euro aufgebracht. Davon entfielen rund 71 200 Euro auf Therapiekosten. Bei der restlichen Summe handele es sich um Leistungen in Anerkennung des Leids. (wida)