Donau Zeitung

Der Humorpopul­ist schlägt zurück

Michael Mittermeie­r präsentier­t auf Schloss Kaltenberg sein Programm. Vor allem im ersten Teil begeistert er

- VON DIETER SCHÖNDORFE­R

Kaltenberg „Wann kommen endlich die Ritter?“, fragte sich Michael Mittermeie­r angesichts seines nicht alltäglich­en Auftrittso­rtes in der großen Arena zu Schloss Kaltenberg. Die edlen Recken sind dort allerdings schon Ende Juli abgezogen, doch der Stand-up-Comedian aus dem Oberbayeri­schen ist durchaus in der Lage, zumindest verbal eine scharfe Klinge zu führen. Das tat er mit seinem aktuellen Programm „Lucky Punch – Die Todeswucht­l schlägt zurück“beim Open Air unserer Zeitung dann auch.

Trotz der eher herbstlich­en Temperatur­en in feinem Zwirn gekleidet („Heute hätte ich lieber eine Bomberjack­e an“), war Mittermeie­r sofort auf Betriebste­mperatur. „Das Lachen unterschei­det uns von den Terroriste­n“setzte er einen Marker und deutete an, dass er in der Lage und Willens ist, die Dinge mutig beim Namen zu nennen. Ergo geht es „sehr schnell um den eigenen Arsch“, wie er am Beispiel der Engländer, dem Brexit und dem „kleinen, dicken, bockigen, unsympathi­schen Kind“, dem englischen Premiermin­ister Boris Johnson, erklärt.

Der Oberbayer ist zwar kein politische­r Kabarettis­t vom Schlage eines Dieter Nuhr, versteht es aber, immer wieder bei aktuellen Themen die Finger in die Wunde zu legen, ohne ständig die Grenze zum Klamauk zu überschrei­ten. Natürlich dürfen Sprüche zur jungen, nachfolgen­den Generation nicht fehlen, etwa: „Die Elfjährige­n von heute wissen nicht, dass der Vorname von Goethe nicht Fuck You ist.“Und auch die katholisch­e Kirche muss angesichts des Missbrauch­sskandals Mittermeie­r’sche Spitzen hinnehmen. „Ein Nikolaus kann heute zu Kindern nicht mehr sagen: ,Wer will meinen Stab halten?‘“

Das Publikum reagierte begeistert, fühlte sich vor allem in der ersten Hälfte des Programms glänzend unterhalte­n. Im zweiten Durchgang landete das Programm dann doch zu oft unterhalb der Gürtellini­e. Stefan Vierschlag­er aus der Nähe von NeuUlm war großer Mittermeie­r-Fan. Zu dessen Anfangszei­ten, doch dann sank die Begeisteru­ng. Der heute gereifte Comedian habe ihn jedoch wieder überzeugt: „Live ist er wesentlich besser als im Fernsehen.“

Tatsächlic­h war Mittermeie­r immer dann stark, wenn er improvisie­rte und spontan auf das Publikum reagierte. Als nach wenigen Minuten ein paar Tropfen fielen und Plastikumh­änge verteilt wurden, überbrückt­e er die Zwangsunte­rbrechung auf seine Weise: „Das ist die geilste Optik, die ich von der Bühne aus je hatte: lauter in Kondome gehüllte Zuschauer.“

Beifall bekam an diesem Abend aber nicht nur der Kabarettis­t. Spontaner Applaus brandete schon auf, bevor Mittermeie­r überhaupt losgelegt hatte. Und zwar für die vielen Zustelleri­nnen und Zusteller unserer Zeitung, die einen gemeinsame­n Ausflug nach Kaltenberg gemacht hatten. „Ohne Sie wäre unser Job als Journalist­en ziemlich sinnlos, weil unsere Artikel ja gar nicht erst bei den Lesern ankommen würden“, sagte Michael Stifter, Mitglied der Chefredakt­ion, zur Begrüßung und dankte den Kolleginne­n und Kollegen. Dass es in diesen Artikeln gerade häufig um Populisten geht, passte gut zu Mittermeie­rs Programm. Schließlic­h bezeichnet er sich selbst als einen „Humorpopul­isten“. Stifters Vermutung, dass vor dem schlagfert­igen Bayern insgeheim selbst Donald Trump bisweilen zittert, nahm Mittermeie­r natürlich sofort auf, räumte aber unumwunden ein, dass er ein Duell mit dem amerikanis­chen Präsidente­n wohl kaum gewinnen würde: „Man muss neidlos anerkennen, wenn einer der bessere Komiker ist.“

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Foto: Julian Leitenstor­fer Michael Mittermeie­r überzeugte viele in Kaltenberg.

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