Aufs Land mit den Schreibern
Die Provinz lockt mit Literaturstipendium
Marburg Drei Monate lang wird die Berliner Schriftstellerin Marion Poschmann mitten in der Natur arbeiten. Sie hat ein Autoren-Stipendium des Vereins „Zwei Raben: Literatur in Oberhessen“bekommen. Poschmann zieht in eine Wohnung im verwinkelten Künstlerhaus des Malers Otto Ubbelohde in Goßfelden bei Marburg ein. Das Prinzip ist ähnlich wie beim „Stadtschreiber“, den sich einige Städte wie Mainz oder Bergen-Enkheim leisten, indem sie ein meist mit einem Literaturpreis verbundenes Stipendium vergeben. Tatsächlich habe man das Prinzip des Stadtschreibers auf das Land übertragen, sagt die Vorsitzende des Vereins „Zwei Raben“, Erika Schellenberger. Ziel sei es, Literatur auf dem Land zu fördern.
Poschmann, die bereits vielfach ausgezeichnet wurde, wird die erste Stipendiatin. Sie erhält monatlich 2500 Euro. Die Autorin findet die Idee des Landschreibers „großartig“. Der Aufenthalt im Grünen könne eine Sensibilisierung schaffen „für das, was in der Umwelt vor sich geht“. Poschmann ist überzeugt: „Die Naturschönheit ist etwas, was droht, verloren zu gehen, in der Landschaft ebenso wie in der Kunst.“Sie versuche, in ihren Büchern gegenzusteuern. In ihrem aktuellen Roman „Die Kieferninseln“etwa spielt die Kiefer eine tragende Rolle. Im UbbelohdeHaus werde sie sich vermutlich mehr mit Laubbäumen befassen: „Ich habe mir schon sagen lassen, dass in der Gegend wunderbare Laubmischwälder wachsen.“
Die Germanistin Schellenberger entwickelte das Konzept des Landschreibers im Auftrag des hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst, gemeinsam mit dem Schriftsteller Thomas Hettche. Poschmann soll in den drei Monaten von September bis November einen künstlerischen Beitrag leisten, der sich auch mit der Natur und ihrer Zerstörung beschäftigt: „Wir brauchen starke Stimmen der deutschen Gegenwartsliteratur, die das Thema künstlerisch angehen“, sagt Schellenberger. „Wie können wir die Natur schützen? Die Kunst hat da etwas beizutragen.“
Der Verein „Zwei Raben“– der Künstler Ubbelohde zeichnete oft Raben, sie tauchen auch im Haus auf – und die Ubbelohde-Stiftung werden künftig zwei Stipendien pro Jahr vergeben. Die Ausschreibung für den nächsten Autorenaufenthalt von April bis Juni 2020 läuft bereits. Da das Haus für den Landschreiber etwas abseits liegt, wurden übrigens auch zwei „Autorenräder“angeschafft.