Ein Allgäuer auf Finalkurs
Johannes Weinberg startet bei der Para-WM in London. Für den Blinden geht es um viel, sein Platz im Perspektivkader steht auf dem Spiel
Augsburg Die deutsche Mannschaft für die Weltmeisterschaft der ParaSchwimmer ist klein. 16 Sportler wurden für die Wettkämpfe, die am heutigen Montag in London beginnen, nominiert. Einer von ihnen ist Johannes Weinberg vom TV Immenstadt. Der 17-Jährige, der im Alter von sechs Jahren binnen weniger Wochen sein Augenlicht verlor, hat anstrengende Wochen hinter sich. Zwei Trainingslager auf Lanzarote (einmal 15 und einmal zehn Tage) absolvierte das deutsche Team zur Vorbereitung auf die WM, dazu kamen zahlreiche Trainingseinheiten in Sonthofen.
Weinberg kann sich momentan voll auf seinen Sport konzentrieren, denn vor kurzem hat er als erster blinder Inklusionsschüler in Bayern die Schulzeit und die Abschlussprüfung an einer regulären Realschule gemeistert.
In London erwartet ihn die größte Veranstaltung, an der er in seiner Sportkarriere bisher teilgenommen hat. In dem Becken fanden 2012 auch schon die olympischen Beckenwettbewerbe statt. Das Interesse vor Ort ist groß, „meine Mutter hat fast schon keine Karten mehr bekommen“, sagt Weinberg. Erst als die Bundestrainerin Ute Schinkitz ihre Kontakte spielen ließ, habe sie noch Tickets kaufen können. Für Weinberg steht der erste Start am Dienstag auf dem Programm, wenn er zum Auftakt 100 Meter Rücken schwimmt. Insgesamt vier Einzelstarts sind geplant, dazu kommt eventuell noch ein Einsatz in der Staffel.
Weinberg hat sich hohe Ziele gesteckt. Eine Erkältung hat er rechtzeitig auskuriert. „Ich fühle mich gut und hoffe, dass ich das auch im Wasser bestätigen kann.“Hoffnungen macht er sich vor allem auf seiner Paradestrecke 100 Meter Brust. In den Vorläufen ist er mit der achtschnellsten Zeit gemeldet. Acht Schwimmer kommen ins WM-Finale. „Es ist natürlich das Ziel, den achten Platz zu verteidigen. Denn je besser unsere Platzierungen bei der WM sind, desto mehr Startplätze bekommt das deutsche Team für die Paralympischen Spiele nächstes Jahr in Tokio. Und außerdem wäre ich weiterhin im Perspektivkader.“Letzteres würde Weinberg eine möglichst optimale Förderung sichern in der Vorbereitung auf sein ganz großes Ziel: Tokio 2020.
Die Medaillenkandidaten über 100 Meter Brust stammen aus Japan, China und Holland. An deren Leistungen kommt Weinberg (noch) nicht heran. Für ihn wäre das Erreichen des Finales mit Bestzeit ein riesiger Erfolg. Seine Immenstädter Heimtrainerin Christine Zähringer traut ihm das zu. „Wenn er das, was er im Training gezeigt hat, auch in London ins Wasser bringt, dann wird er eine deutliche Bestzeit schwimmen. Technisch hat er einen riesigen Sprung gemacht und sich auch körperlich verbessert.“Die Platzierung sei aber „total abhängig von dem, was die anderen machen. Ich hoffe, dass es fürs Finale reicht.“Andreas Kornes