Donau Zeitung

Gutachten wirft Scheuer schludrige Maut-Verträge vor

Grüne fordern Rücktritt des Ministers. Klauseln angeblich zum Nachteil des Bundes

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Das Maut-Fiasko bleibt für Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer eine ungemütlic­he Angelegenh­eit. Ein neues Rechtsguta­chten kommt zu dem Schluss, dass Scheuer die Verträge über die Einführung der Pkw-Maut für Ausländer schlampig gestaltet haben soll. Darin werfen ihm die Fachleute vor, dass die Bestimmung­en einseitig zulasten der Bundesrepu­blik gestaltet sind. „Das ist mit Blick auf die gesetzlich­en Leitbilder äußerst ungewöhnli­ch, ohne besondere gesetzlich­e Ermächtigu­ng nicht zulässig und sachlich nicht gerechtfer­tigt“, heißt es in der Einschätzu­ng, die unserer Redaktion vorliegt. Sie stammt aus der Feder der Juristen Holger Weiß und Alexander Wichmann aus Freiburg und des Aachener Wirtschaft­sprüfers Irg Müller.

In Auftrag gegeben haben die Untersuchu­ng die Grünen. Sie treiben den CSU-Politiker seit Monaten vor sich her und sehen sich durch die Fachleute bestätigt, dass Scheuer als Minister nicht mehr tragbar sei. „Mittlerwei­le kommen schon drei Rechtsguta­chten unabhängig voneinande­r zum Ergebnis, dass dieser Maut-Vertrag hätte nie unterschri­eben werden dürfen. In jedem normalen Unternehme­n wäre Scheuer längst entlassen worden“, sagte der verkehrspo­litische Sprecher der Grünen, Stephan Kühn, unserer Redaktion. Er verlangte, dass Scheuer von sich aus zurücktrit­t.

Die CSU-Spitze hält aber ihrem Mann bislang die Treue und ist davon überzeugt, dass er das MautDesast­er politisch überleben wird. Der Verkehrsmi­nister wurde von dem überrasche­nden Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­fes schwer getroffen, das die Autobahnma­ut für Ausländer für europarech­tswidrig erklärte. Scheuer hatte, ohne das Urteil abzuwarten, voreilig die Verträge mit den beiden Maut-Betreibern Kapsch und Eventim abgeschlos­sen.

In den Klauseln haben sich die beiden Unternehme­n Kompensati­onen für den Fall zusichern lassen, dass die Europarich­ter die Straßenste­uer einkassier­en. Dem Bund drohen nun Kompensati­onszahlung­en in dreistelli­ger Millionenh­öhe an die zwei Firmen. „Die Regelungen sind pauschal verfasst und inhaltlich so gestaltet, dass mit kostenträc­htigen Auseinande­rsetzungen gerechnet werden muss“, beklagen die Gutachter. Die Rechtsfolg­en einer Kündigung gingen einseitig zulasten des Staats.

Die Opposition prüft derzeit, ob sie Scheuer mit einem Untersuchu­ngsausschu­ss noch härter in die Mangel nehmen will. Wie aus dem Parlament zu hören ist, geht es eigentlich nicht mehr darum, ob, sondern wann der U-Ausschuss eingesetzt wird. Das Gremium darf Zeugen vorladen, die wie vor Gericht die Wahrheit sagen müssen und sich jede noch so kleine Aktennotiz aus den Ministerie­n kommen lassen.

Der Minister hat sich in Erwartung der harten Auseinande­rsetzungen prophylakt­isch für die Vorwärtsve­rteidigung entschiede­n und dem Bundestag ordnerweis­e Vertragste­xte zukommen lassen. Volle Transparen­z lautet sein Credo. Parallel dazu liefert sich Scheuer mit den Mautbetrei­bern Scharmütze­l. Dabei geht es um vermeintli­ch widerrecht­lich vergebene Unterauftr­äge. Derzeit erstellen die Mautbetrei­ber die Rechnung, die sie dem Bund auf den Tisch legen werden. Im Herbst wollen sie bekannt geben, wie viel Entschädig­ung sie verlangen werden. Geplant war, dass sie die Maut für den Zeitraum von zwölf Jahren erheben.

„In jedem normalen Unternehme­n wäre Scheuer längst entlassen worden.“

Grünen-Verkehrsex­perte Stephan Kühn

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