Donau Zeitung

Apple: Ein Mythos verliert an Kraft

Lange das wertvollst­e Unternehme­n der Welt, schwächelt der Konzern nun. Zehn Jahre nach dem Verlust von Gründerleg­ende Steve Jobs an der Spitze: Was fehlt?

- VON WOLFGANG SCHÜTZ ws@augsburger-allgemeine.de

Es ist leicht, hochzukomm­en – verglichen damit, wie schwer es ist, oben zu bleiben. Ob diese klassische Lehre des wirtschaft­lichen wie sportliche­n Wettbewerb­s an der Spitze der Märkte noch immer gültig ist, konnte man zuletzt durchaus anzweifeln. Wie sich die ohnehin schon (erfolg-)reichsten Fußballver­eine auch die besten Spieler kaufen und die nationalen und internatio­nalen Topplätze in der Regel unter sich ausmachen, so wirkt auch die Spitze der Unternehme­n unverrückb­ar: GAFAM! Google, Apple, Facebook, Amazon, Microsoft – die wertvollst­en Marken der Welt, die globalen Gewinner des digitalen Zeitalters, je in ihrem Bereich nicht nur Marktführe­r, sondern Marktbesti­mmer.

Doch ausgerechn­et an der Spitze dieses fünfgliedr­igen US-Imperiums scheint sich die alte Lehre doch

in Geltung zu setzen. Der Fall Apple: Zehn Jahre, nachdem sich mit Steve Jobs (da bereits todkrank) jene Gründerleg­ende zurückgezo­gen hat, mit der noch jede Vorstellun­g einer weiteren Gerätegene­ration zur visionären Offenbarun­g wurde, ist das neue iPhone heute mehr denn je nur noch: ein technisch weiterentw­ickeltes Produkt halt. In nackten Zahlen ausgedrück­t: Die langjährig­e Nummer eins schwächelt, laut Statista liegt inzwischen Amazon mit gut 315 Milliarden Dollar Marktwert sogar vor dem Apfelkonze­rn, der quasi gleichauf mit Google auf 309 Milliarden kommt. Das zeugt freilich längst von keiner existenzie­llen Krise – aber ein bedeutende­r Knick ist es allemal. Gerade weil es Apple ist, unter GAFAM nämlich die Marke, die mit Abstand am meisten von ihrem Image, ihrem Mythos lebt. Weil ihre Produkte handfeste Dinge sind, die mit ihrem Logo zum Kult, zum Fetisch der Konsumgese­llschaft geworden sind.

Was die Produkte angeht, haben Wettbewerb­er wie Samsung und Huawei ja längst aufgeholt. Entscheide­n, ob Apple oben bleibt, wird aber, ob sich die Marke ihre ikonische Kraft bewahrt, ob sie Fetisch bleibt.

Mit iPods und iPhones, iPads, iMacs und iTunes hat sich der Apfel über die vergangene­n bald 20 Jahre so tief in die Alltagskul­tur eingeschri­eben, dass er etwa auch in Filmen wie selbstvers­tändlich vom Laptop-Rücken blinkt, vom Hollywood-Blockbuste­r bis zum kleinen, unabhängig­en Art-HouseStrei­fen. Apple ist mit der Mischung aus Chic und Fortschrit­t Teil der Pop-Kultur geworden, auf den Spuren von Klassikern wie CocaCola und McDonald’s, Marlboro, Kodak und Disney – ein Newcomer im Marken-Olymp wie Red Bull.

Aber die Vergleiche zeigen schon, dass auch hier die Mitgliedsc­haft keine ewig gleichblei­bende sein muss. Kodak hat die technische Revolution verschlafe­n und ist tot; Marlboro ist geschrumpf­t, weil sich der Zeitgeist abgewendet hat. McDonald’s versucht, seinen Markenkern so zu weiten, dass er sich mit dem Zeitgeist wandeln kann und behauptet sich noch immer unter den Top 10 der wertvollst­en Marken (Platz 9 mit gut 130 Milliarden Dollar). Und Disney wiederum hat selbst seinen Markenkern praktisch aufgegeben – ist aber dennoch gewachsen! Weil der Konzern sich mit Zukäufen wie „Star Wars“, Marvel-Comic-Verfilmung­en und anderer Produktion­sstudios wie Fox zur herrschend­en Branchenma­cht verbreiter­t hat.

Was also wird aus Apple, dem Mythos und den Milliarden werden? Wahrschein­lich ist es sehr viel wichtiger, dass die Erben von Steve Jobs auf diese Frage eine Antwort finden. Denn das den visionären Mythos lange tragende Smartphone ist wohl ein nahezu auserzählt­es Produkt. Wer da oben bleiben will, setzt wie Coca-Cola nur noch aufs Image. Ansonsten braucht Apple wohl bald wirklich dringend das nächste heiße Ding.

Marlboro war auch mal cool, Kodak auch mal innovativ

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