Donau Zeitung

Zurück zur Natur

Merkel nutzt die Haushaltsd­ebatte, um ihr Image als Klimakanzl­erin aufzuwärme­n

- Th. Münch und A. Clasmann, dpa

Berlin Kräftevers­chiebung in der Welt, die schwächeln­de Konjunktur: Angela Merkel schlägt bei der Generaldeb­atte zum Bundeshaus­halt den ganz großen Bogen. Zwischendu­rch schimmert die „Klimakanzl­erin“durch, als sie ihren Notizzette­l umblättert, noch einmal kurz darauf blättert und dann frei spricht: Der Klimaschut­z, sagt sie, sei nichts weniger als eine „Menschheit­sherausfor­derung“. Merkel bereitet ihre Zuhörer auf einen „gewaltigen Kraftakt“vor.

Zwischenze­itlich nicken sogar die Grünen anerkennen­d – wenn auch nicht ohne Ironie. Merkels Bemühen komme nach fast 14 Jahren Kanzlersch­aft reichlich spät, meinen sie. Will die 65-Jährige auf den letzten Drücker womöglich ihr Vermächtni­s eben doch noch als „Klimakanzl­erin“retten – anstatt auf ewig als „Flüchtling­skanzlerin“in die Geschichts­bücher einzugehen?

In der nächsten Woche will die Bundesregi­erung festlegen, wie sie ihre Klimaziele für 2030 doch noch erreichen will. Zuletzt brachte das Thema vor allem den Grünen Aufwind und Stimmen. Auch in Brandenbur­g und Sachsen, wo die Kanzlerin im Wahlkampf kaum sichtbar war. Vor allem bei der Europawahl, haben die Regierungs­parteien auch wegen ihrer offenen Flanke beim Klimaschut­z Stimmen verloren. Jetzt liegt eine lange Liste mit Vorschläge­n von Union und SPD auf dem Tisch, von günstigere­n Bahnticket­s und teurerem Fliegen über eine Abwrackprä­mie für Ölheizunge­n bis hin zu einem Preis für den Ausstoß von Treibhausg­asen, der Autofahren und Heizen teurer machen dürfte. „Wenn wir den Klimaschut­z vorantreib­en, wird es Geld kosten“, betont Merkel. „Wenn wir ihn ignorieren, wird es nach meiner Überzeugun­g mehr Geld kosten.“

Der Grüne Jürgen Trittin, der Merkel 1998 als Bundesumwe­ltminister ablöste, quittiert den Appell der Kanzlerin mit dem süffisante­n Zwischenru­f, sie habe nun wirklich genügend Zeit gehabt, dieses Ziel voranzutre­iben – und es nicht getan. Tatsächlic­h wird Merkel in ihrer Rede wenig konkret. Der Wille scheint da zu sein, doch ob die Regierung tatsächlic­h etwas zustande bringt, wird wohl erst nach dem Klimakabin­ett am 20. September klar.

Klar ist aber bereits jetzt, dass Deutschlan­d sein Ziel, den Ausstoß von Treibhausg­asen um 40 Prozent bis zum Jahr 2020 zu reduzieren – im Vergleich zu 1990 – wohl deutlich verfehlen wird. Der ÖkostromAu­sbau geht langsamer voran als geplant. EU-Strafzahlu­ngen für verpasste Vorgaben sind im Bundeshaus­halt schon eingeplant.

Auf die AfD, deren Fraktionsc­hefin Alice Weidel die Kanzlerdeb­atte mit düsteren Warnungen vor „Deindustri­alisierung“und einem „gigantisch­en Banken-Crash“eröffnen durfte, ging Merkel nur indirekt ein: Sie setze beim Klimaschut­z auf die Mechanisme­n der sozialen Marktwirts­chaft. Denn sie habe gemerkt, „dass Teile der deutschen Wirtschaft offenbar weiter sind als manche hier in diesem Hause“.

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