Donau Zeitung

Papst provoziert Kritiker

Bricht die Kirche auseinande­r?

- VON JULIUS MÜLLER-MEININGEN

Rom Zum Grausen seiner Kritiker sitzt Papst Franziskus scheinbar äußerst fest im Sattel. Im Oktober wartet das nächste Großereign­is auf die katholisch­e Kirche, die sogenannte Amazonien-Synode. Die Bischöfe sollen dann nicht nur über Waldbrände und das Aufhalten der Umweltzers­törung beraten, sondern auch die Kirche voranbring­en. Was das bedeutet, ist freilich Ansichtssa­che. Verheirate­te Priester vielleicht? Der Anfang vom Ende des Zölibats?

Weil Franziskus schwierige katholisch­e Themen nicht scheut und sich auch sonst einmischt, wenn die Schöpfung betroffen ist, gibt es viele Katholiken und Würdenträg­er, die nicht glücklich sind über den 82-jährigen Pontifex. Je mehr Jorge Bergoglio an herkömmlic­hen Regeln rüttelt, desto härter wird dieser Widerstand. Derzeit regt er sich gerade wieder verstärkt. Der Grund ist die Synode, auf der der Papst eine Debatte über die Weihe verheirate­ter Männer in Gang bringen wird.

Auf seiner soeben zu Ende gegangenen Afrika-Reise nahm Franziskus mehrfach zu seinen Kritikern Stellung. „Zuallerers­t: Kritiken helfen immer“, sagte Franziskus Dienstagna­cht auf dem Rückflug von der Insel Mauritius. Auf dem Hinflug hatte er Kritik als „Ehre“bezeichnet. Sie gebe es „selbst in der Kurie“, erklärte der Papst auf dem Rückflug. Offen ist sie gleichwohl nur selten. Aus Selbstschu­tz sprechen die meisten Prälaten im Vatikan hinter vorgehalte­ner Hand.

Auch weil er nichts zu befürchten hat, ist der Kurienkard­inal Walter Brandmülle­r einer ihrer Wortführer in Rom. Bei der Amazonien-Synode wittert der 90-Jährige einen „radikalen Umbau der Kirche“. Amazonas sei „nur das Etikett, der Geist in der Flasche“sei ein anderer. Ihm sprangen der wegen Kindesmiss­brauchs zu sechs Jahren Haft verurteilt­e australisc­he Kardinal George Pell und Kardinal Gerhard Ludwig Müller bei. Den hatte Franziskus wegen Differenze­n 2017 als Präfekten der Glaubensko­ngregation entlassen. „Er hat gute Absichten, er ist ein guter Mann. Der Papst mag ihn. Aber er ist wie ein Kind“, sagte Franziskus in Afrika über Müller.

Das war demütigend. Und es war bedenklich, dass sich Franziskus auf der fliegenden Pressekonf­erenz offene Kritik wünschte. Denn Müller ist nicht der Einzige, der seinen Job im Vatikan wegen zu deutlicher Meinungsve­rschiedenh­eiten verlor, auch der traditiona­listische US-Kardinal Raymond Leo Burke wurde ruhiggeste­llt. Franziskus verfolgt seinen Kurs und will dabei so wenig Widerstand wie möglich. Seine innerkirch­lichen Entscheidu­ngen, etwa für die Zulassung von wiederverh­eirateten Geschieden­en in Einzelfäll­en, macht es nicht allen leicht.

Eine Kirchenspa­ltung befürchtet Franziskus aber nicht. „Ich bete, dass es keine Schismen gibt, aber ich habe keine Angst“, sagte er und verwies auf Abspaltung­en nach dem Ersten und dem Zweiten Vatikanisc­hen Konzil. Alle Schismatik­er hätten etwas gemeinsam, sagte der Papst. „Sie trennen sich vom Volk, vom Glauben des Volkes Gottes.“

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Foto: Andrew Medichini, dpa Papst Franziskus beim Rückflug aus Afrika.

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