Wunde Punkte auf der IAA
In Frankfurt trifft sich gerade die Autobranche. Am Rande der Ausstellung erzählen die Zulieferer, was sie bewegt. Es geht um Jobabbau, Elektromobilität und flaue Konjunktur
Frankfurt am Main Noch vor der offiziellen Eröffnung durch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bekommt die große deutsche Autoschau zusätzliche Risse in der Fassade. Wichtige Akteure zweifeln offenbar am Sinn des „weiter so“auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA).
Trotz der Ergänzung des Formats um Gesprächsrunden und Kongressangebote wird unter Herstellern und Veranstaltern ein neues Messekonzept mit wechselnden Veranstaltungsorten wie beispielsweise Köln oder Berlin diskutiert, wie Branchenkreise am Mittwoch bestätigten. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) bestätigte als Veranstalter, dass man für die IAA verschiedene Optionen prüfe. „Über Entscheidungen sprechen wir, wenn das Konzept steht“, sagte Verbandssprecher Eckehart Rotter.
Die IAA steht in diesem Jahr nach zahlreichen Absagen massiv unter Druck. Ein Vertrag zur Fortsetzung in den kommenden Jahren besteht nicht, wie VDA und Messe Frankfurt bestätigen. Einige Veranstalter äußerten sich bereits während der Messe kritisch. „Es gibt keine Bestandsgarantie“, erklärte etwa BMW-Finanzvorstand Nicolas Peter. Opel-Chef Michael Lohscheller hatte konkrete Verbesserungsvorschläge. Er will während der Messe die gezeigten Autos auch verkaufen können. Auf Dauer werde es nicht reichen, Neuwagen zu zeigen und mit Journalisten zu reden.
Fast wirkt die Krise der Messe wie ein Abbild der aktuellen Branchenlage. Es knirscht erheblich im Getriebe des wichtigsten deutschen Industriezweigs. Viele Verbraucher können sich mit der elektrischen Verkehrswende nicht anfreunden.
europäische Autobauer-Verband ACEA verlangt von der Politik denn auch mehr Anstrengungen zum Ausbau der Infrastruktur. „Von unserer Seite bieten wir eine immer weiter wachsende Auswahl an alternativ angetriebenen Autos für die Kunden“, sagte Carlos Tavares, ACEA-Präsident und Chef der französischen Opel-Mutter PSA. Die Regierungen in der EU müssten nun Schritt halten.
Der Verband sieht wegen der Reichweitenangst einen klaren Zusammenhang zwischen dem E-Ladenetz und der Kaufbereitschaft. Einer ACEA-Studie zufolge gab es 2018 in der gesamten EU weniger als 145000 Ladepunkte für Elektroautos. 2030 würden mindestens 2,8 Millionen benötigt. Auch Kaufanreize für die Autos müssten sein, so Tavares. Die EU-Hersteller sehen sich mit verschärften AbgasDer regeln bis 2030 konfrontiert. Schafft es die Branche nicht, deutlich mehr abgasärmere Antriebe auf die Straße zu bringen, drohen ihr Milliardenstrafen. Auch Zulieferer sind gezwungen, sich neu auszurichten. Der Dax-Konzern Continental etwa schwenkt von mechanisch-hydraulischer Technik stärker zu Elektronik und Sensorik um. Die Folge könnten ein Jobabbau bis zu betriebsbedingten Kündigungen sein.
Schaeffler-Chef Klaus Rosenfeld empfindet den Umbruch der Autobranche auch als Ansporn. „Ich sehe den Wandel als große Chance, wenn man es jetzt richtig macht“, sagte er. Trotz der derzeitigen Branchenkrise werde es Autozulieferer auch 2030 noch geben. Gleichwohl stünden sie vor großen Herausforderungen. Mit Blick auf die Jobs dürfe man sich auf Sicht nichts vormachen. „Der Elektroantrieb braucht weniger Teile.“
Der Lichtspezialist Hella bekommt die Schwäche des Marktes ebenfalls zu spüren. „Wir müssen lernen, in einem sich konsolidierenden oder schrumpfenden Markt Geschäfte zu machen“, sagte Firmenchef Rolf Breidenbach. Für den Manager steht derzeit kein Abbau der rund 40000 Jobs im Raum – unter anderem wegen eines vollen Auftragsbuchs.
Auf der Messe ziehen die nach wie vor stark präsenten SUVs weiter Proteste von Klimaschützern auf sich. Es läuft auch eine Debatte um Fahrverbote für SUVs. „Ich halte relativ wenig von Regulierung“, sagte Porsche-Chef Oliver Blume den Sendern n-tv und RTL. „Nichtsdestotrotz kann man sich auch in den deutschen Städten Gedanken machen, ob SUVs da die richtigen Fahrzeuge sind.“