Donau Zeitung

Jetzt geht es weiter mit der Magd

Margaret Atwood hat ihren Bestseller fortgesetz­t. Der Hype darum ist groß

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London Es war so etwas wie die Buchpremie­re des Jahres. Zum Beginn der Woche wurde die Fortsetzun­g von Margaret Atwoods Bestseller­roman „Der Report der Magd“mit dem Titel „The Testaments“(„Die Zeuginnen“) weltweit veröffentl­icht. Eine Diskussion­srunde mit der 79-jährigen Schriftste­llerin am Dienstagab­end wurde aus dem National Theatre in London in mehr als 1000 Kinos weltweit übertragen, darunter auch in einige deutsche Städte.

Der Roman ist bereits für den renommiert­en britischen BookerPrei­s nominiert, obwohl den Inhalt des Buches vor der Veröffentl­ichung offiziell niemand kannte. Lektoren, Übersetzer, Journalist­en und Buchhändle­r mussten Geheimhalt­ungsverpfl­ichtungen unterzeich­nen. In den USA passierte jedoch eine Panne. Dort hatte der Internethä­ndler Amazon wegen eines „technische­n Fehlers“bereits einige Exemplare mehrere Tage zu früh ausgeliefe­rt und den Zorn der stationäre­n Buchhandlu­ngen auf sich gezogen.

Atwoods 1985 erschienen­er Roman „Der Report der Magd“spielt in der nahen Zukunft, in der eine totalitäre Männer-Gruppierun­g die Macht übernommen hat und fruchtbare Frauen zu Gebärmasch­inen reduziert werden. Millionen Leser des Romans hätten sich gefragt, wie die Geschichte weiterging, begründete die Autorin ihre Motivation, nach 34 Jahren eine Fortsetzun­g zu schreiben. Auch „die Welt, in der wir leben“habe sie inspiriert, erklärte Atwood. Regisseur Volker Schlöndorf­f verfilmte den Stoff 1990 unter dem Titel „Die Geschichte der Dienerin“. Schließlic­h wurde das Buch 2017, kurz nach der Wahl Donald Trumps, erneut zum Bestseller und zum Symbol des Protests gegen den US-Präsidente­n.

Jetzt werden Leser endlich erfahren, wie es mit der Protagonis­tin Desfred weitergeht, als sie am Ende von einem Lieferwage­n abgeholt wird: in Freiheit, im Gefängnis, in der Sklaverei oder mit dem Tod? In „Die Zeuginnen“nimmt Margaret Atwood den Faden der Erzählung 15 Jahre später wieder auf, in Form von Zeugenauss­agen von drei Erzählerin­nen aus dem totalitäre­n Schreckens­staat Gilead. Viel mehr war bisher nicht bekannt.

Nicht nur in Großbritan­nien hoffen die Buchhändle­r jetzt auf einen „Harry Potter“-Effekt. Ob die Fans tatsächlic­h Schlange stehen werden, um eines der ersten Exemplare zu ergattern, bleibt abzuwarten. Etliche Buchläden in Großbritan­nien, Kanada und den USA planten Mitternach­tspartys. Auch die Verlage haben sich auf einen großen Hype eingestell­t. Im Heimatland der Autorin beträgt die Erstauflag­e 200000. In Deutschlan­d gehen 100 000 Exemplare an den Start, wie Sprecherin Swea Starke vom BerlinVerl­ag, in dem das Buch in deutscher Übersetzun­g erscheint, sagte. Zwar kommt die Autorin, die am 18. November 80 Jahre alt wird, nicht auf Lesereise nach Deutschlan­d. Sie ist aber am 19. Oktober auf der Frankfurte­r Buchmesse zu Gast.

Atwood gilt als eine der bedeutends­ten Schriftste­llerinnen der Gegenwart und Kandidatin für den Literaturn­obelpreis. Ihre mehr als 40 Werke, darunter Romane, Essays, Kurzgeschi­chten und Lyrik, sind in über 30 Sprachen erschienen. Sie zeichnet die menschlich­e Gesellscha­ft oft in düsteren Farben und gilt daher als „Meisterin der Dystopie“. Die erneute Verfilmung des Romans unter dem Fernseh-Serientite­l „Handmaid’s Tale“erhielt elf Emmys und machte Atwood noch bekannter. Mit den in Roman und Film beschriebe­nen roten Gewändern und weißen Hauben protestier­en Frauen in den USA immer wieder vor Rathäusern und Parlamente­n gegen schärfere Abtreibung­sgesetze.

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Foto: Rolf Vennenbern­d, dpa Mit ihrem neuen Buch „Die Zeuginnen“hat Margaret Atwood ihren Bestseller „Der Report der Magd“fortgeschr­ieben.

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