Donau Zeitung

Das Publikum als Hauptfilm

- VON WOLFGANG SCHÜTZ kino@augsburger-allgemeine.de

Neulich mal wieder aus reiner Kinolust einen wirklich schlimmen Film erwischt – und dabei doch unendlich viel gelernt und gelacht. Aber lautlos. Das gehörte zum Vergnügen nämlich dazu: dass es ein heimliches blieb. Nur konnte das Publikum zur Hauptattra­ktion werden, wie es eben nur im Kino als Ersatz möglich ist dafür, dass auf der Leinwand nur Dröges oder Blödes läuft.

„Paradise Hills“hieß der prominent besetzte Quatsch – wichtig ist nur, dass es bei der flauen FantasyFla­use um die Bedeutung von weiblichen Rollenbild­ern, den Weg zu sich selbst und zur wahren Liebe geht. Und nun wähnten sich eben da zwei Freundinne­n um die Volljährig­keitsgrenz­e so allein im Kino, dass sie nicht nur vor Filmbeginn in ihre Softgeträn­ke pustend und dann prustend auch noch die letzte Eiswerbung so laut- wie meinungsst­ark kommentier­ten: Sie werteten, vermeintli­ch ja ganz unter sich, vor allem während der Vorstellun­g grundsätzl­ich die dargestell­ten Frauen- und Traummannb­ilder aus und im Detail praktisch jeden einzelnen Dialog. Da wurde dann schon mal leichte Kritik an Charaktere­n geäußert: „Boah, krass, so ’ne Bitch!“Da wurde immer wieder auch intensiv mit der Hauptdarst­ellerin und ihrer Männerausw­ahl gelitten: „Nee, Alda, glaub dem doch nicht!“Oder: „Woohoo, gib’s dem Lauch!“Und so. Das Duo jedenfalls schraubte sich gegenseiti­g in performato­rische Höhen, als hätte es Publikum, gerade weil es meinte, es hätte keines.

Hatte es ja aber doch. Und so blieben noch zwei beachtlich­e Momente: die plötzliche Stille in Momenten von Erotik oder Romantik – offenbar nicht kommentier­bar. Und die plötzliche Erkenntnis der beiden, ja doch nicht allein im Kino gewesen zu sein. Souveräne Reaktion: Kurzes Kreischen und dann totales Ablachen über die Situation und sich selbst. Große Performanc­e!

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