Das Publikum als Hauptfilm
Neulich mal wieder aus reiner Kinolust einen wirklich schlimmen Film erwischt – und dabei doch unendlich viel gelernt und gelacht. Aber lautlos. Das gehörte zum Vergnügen nämlich dazu: dass es ein heimliches blieb. Nur konnte das Publikum zur Hauptattraktion werden, wie es eben nur im Kino als Ersatz möglich ist dafür, dass auf der Leinwand nur Dröges oder Blödes läuft.
„Paradise Hills“hieß der prominent besetzte Quatsch – wichtig ist nur, dass es bei der flauen FantasyFlause um die Bedeutung von weiblichen Rollenbildern, den Weg zu sich selbst und zur wahren Liebe geht. Und nun wähnten sich eben da zwei Freundinnen um die Volljährigkeitsgrenze so allein im Kino, dass sie nicht nur vor Filmbeginn in ihre Softgetränke pustend und dann prustend auch noch die letzte Eiswerbung so laut- wie meinungsstark kommentierten: Sie werteten, vermeintlich ja ganz unter sich, vor allem während der Vorstellung grundsätzlich die dargestellten Frauen- und Traummannbilder aus und im Detail praktisch jeden einzelnen Dialog. Da wurde dann schon mal leichte Kritik an Charakteren geäußert: „Boah, krass, so ’ne Bitch!“Da wurde immer wieder auch intensiv mit der Hauptdarstellerin und ihrer Männerauswahl gelitten: „Nee, Alda, glaub dem doch nicht!“Oder: „Woohoo, gib’s dem Lauch!“Und so. Das Duo jedenfalls schraubte sich gegenseitig in performatorische Höhen, als hätte es Publikum, gerade weil es meinte, es hätte keines.
Hatte es ja aber doch. Und so blieben noch zwei beachtliche Momente: die plötzliche Stille in Momenten von Erotik oder Romantik – offenbar nicht kommentierbar. Und die plötzliche Erkenntnis der beiden, ja doch nicht allein im Kino gewesen zu sein. Souveräne Reaktion: Kurzes Kreischen und dann totales Ablachen über die Situation und sich selbst. Große Performance!