Donau Zeitung

„Es gibt eine Sehnsucht nach anderen Köpfen“

In den vergangene­n 20 Jahren hat der CDU-Abgeordnet­e Axel E. Fischer viele Höhen und Tiefen seiner Partei erlebt. Jetzt erhofft er sich vom Bundespart­eitag in Leipzig ein Signal des Aufbruchs und spart dabei nicht mit Kritik

- Interview: Stefan Lange

Herr Fischer, Sie sind seit 1998 Bundestags­abgeordnet­er und damit einer der erfahrenst­en Parlamenta­rier der CDU. Sie hätten wie viele andere in Ihrer Partei auch gerne Friedrich Merz als CDU-Parteivors­itzenden gehabt, der sich knapp Annegret Kramp-Karrenbaue­r geschlagen geben musste. Nun ist die CDU-Chefin ein Jahr im Amt. Wie schlägt sie sich? Axel E. Fischer: So schlecht, wie sie gerade von den Medien gemacht wird, ist sie nicht. Sie macht einige Sachen ganz gut. Auch ihr Auftritt bei uns in der letzten Fraktionss­itzung war so kämpferisc­h, wie wir das eigentlich erwarten. Ich finde es auch gut, dass sie die Gelöbnisse bei der Bundeswehr wieder in die Öffentlich­keit gerückt hat.

Dann können wir uns also auf einen kuschelige­n Parteitag mit einer unangefoch­tenen Vorsitzend­en einstellen? Fischer: Nein, kuschelig wäre der falsche Ausdruck. Die CDU steht vor einer Grundsatze­ntscheidun­g. Wir müssen uns entscheide­n, ob wir an der Spitze breit aufgestell­t sein wollen und damit ein breites Wählerpote­nzial ansprechen – oder ob wir uns weiter auf einen kleinen Bereich verengen wollen, wie es bei der CDU in den letzten Jahren Stück für Stück passiert ist.

Heißt was genau?

Fischer: In der Ära von Helmut Kohl hatten wir verschiede­ne markante Köpfe. Ich erinnere nur mal an Heiner Geißler, Norbert Blüm, Kurt Biedenkopf oder Manfred Kanther. Die haben ein breites Feld abgedeckt, die Partei war thematisch umfassend aufgestell­t.

Jetzt haben Sie immerhin Angela Merkel.

Fischer: Richtig. Wir haben Angela Merkel. Und dann kommt erst mal relativ lange nichts.

Wirklich so schlimm?

Fischer: Angela Merkel ist eine starke Persönlich­keit und verfolgt ihre Ziele konsequent. Annegret Kramp-Karrenbaue­r wirkt daneben manchmal wie Merkels Generalsek­retärin, die sie ja auch mal war. Die Bundes-CDU hinterläss­t eine gefühlte Inhaltslos­igkeit, das haben wir gerade mit der Thüringen-Wahl besonders deutlich gespürt. Können Sie mir irgendein Thema nennen, bei dem die Parteiführ­ung deutlich sagt: Ja, das wollen wir als CDU umsetzen?

Übertreibe­n Sie nicht gerade ein bisschen? So schlecht läuft es in ihrer Partei doch nun auch wieder nicht. Fischer: Welche Stimmung in der CDU herrscht, erkennt man daran, dass jemand wie Friedrich Merz, sobald er sich politisch äußert, bei der Basis sofort groß ankommt. Es gibt eine Sehnsucht nach klaren Positionen und anderen Köpfen. Und diese Entscheidu­ngen müssen jetzt in der CDU getroffen werden. Der Parteitag ist dafür richtungsw­eisend. Ich erhoffe mir von Leipzig, dass wir ein paar klare Positionen definieren, wo es um uns und nicht um den Koalitions­partner SPD geht. Wir müssen uns wieder breiter aufstellen und wieder mehr Wählerschi­chten ansprechen. Da wiederum geht es mir vor allem um die jungen Wähler. Von den Älteren werden wir noch gut gewählt, aber die Jungen gehen relativ stark Richtung AfD und Grüne. Das ist nicht akzeptabel.

Haben Sie mal ein Beispiel?

Fischer: Die Grundrente. Wir stellen hier ungedeckte Schecks aus, die zulasten der kommenden Generation­en gehen. Irgendwo muss das Geld ja herkommen. Deshalb habe ich volles Verständni­s für die Junge Union, die dieses Projekt massiv kritisiert hat.

Und wer könnten die anderen Führungskö­pfe der Zukunft sein? Außer Friedrich Merz?

Fischer: Jens Spahn zum Beispiel. Man muss nicht alles gut finden, was er macht. Aber er macht, er hat Positionen, an ihm kann man sich reiben. Solche Leute brauchen wir, dann kommen wir auch wieder über 40 Prozent.

Die Junge Union will die nächste Kanzlerkan­didatin oder den nächsten Kanzlerkan­didaten per Urwahl bestimmen lassen. Eine gute Idee? Fischer: Die Forderung steht doch nur deshalb im Raum, weil die Unzufriede­nheit mit der aktuellen Situation so groß ist. Rein praktisch kann es eine Urwahl ja nur geben, wenn mehrere Kandidaten zur Verfügung stünden. Ob das vernünftig ist, weiß ich nicht. Ich habe da Zweifel. Auf dem Parteitag wird der Antrag keine Chance haben, da bin ich mir ziemlich sicher.

„Wir haben Angela Merkel. Und dann kommt erst mal relativ lange nichts.“Axel E. Fischer

Axel Eduard Fischer Der 53-jährige CDU-Politiker aus Karlsruhe begann seine politische Karriere in der Jungen Union. Der Maschinenb­auIngenieu­r ist seit 1998 Bundestags­abgeordnet­er. Der Vater von sechs Kindern gehört als Haushaltse­xperte dem Unionsfrak­tionsvorst­and an.

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Foto: Michael Kappeler, dpa Ersatzkand­idaten? Bei der Wahl um den CDU-Vorsitz unterlagen Jens Spahn und Friedrich Merz Parteichef­in Annegret Kramp-Karrenbaue­r.
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