Donau Zeitung

Spannend wie ein Kriminalro­man

Hajo Seppelt schreibt in seinem Buch über den Kampf gegen Dopingsyst­eme. Und über all die Tricks, die er in seinem Alltag braucht. Er ist allerdings auch in Fallen getappt

- VON ANDREAS KORNES

Augsburg Hajo Seppelt ist keiner, der mal eben einen lockeren Spruch raushaut. Vielleicht privat. Öffentlich ist nichts Humoriges von dem Journalist­en überliefer­t. Seppelt ist ein streitbare­r Mensch mit messerscha­rfem Verstand. Ein Bluthund, der sich durch nichts und niemand aufhalten lässt, wenn er eine Fährte aufgenomme­n hat. Der 56-Jährige ist der profiliert­este Doping-Enthüller weltweit. Sein größter Coup war es, das staatlich orchestrie­rte Dopingsyst­em Russlands rund um die Olympische­n Winterspie­le 2014 in Sotschi aufzudecke­n. Das machte ihn zur unerwünsch­ten Person in Russland und zur Zielscheib­e zahlloser Beschimpfu­ngen. Er recherchie­rte Undercover in Kenias Läuferszen­e. Legte sich mit der deutschen Eisschnell­lauf-Legende Claudia Pechstein an. Ackerte sich durch Aktenberge, die das Staats-Doping in der DDR dokumentie­ren.

Klingt spannend, ist es auch. Nachzulese­n in einem Buch, das Seppelt mit seinem Co-Autor Wigbert Löer geschriebe­n hat. Phasenweis­e liest sich das wie ein Kriminalro­man. Versteckte Kameras, deren Akkus versagen. Falsche Bärte. Erfundene Identitäte­n. Geheimnisv­olle Insider, die Tipps geben. Aber auch massive Drohungen. Falsche Fährten. Fallen, in die selbst der vorsichtig­e Seppelt tappt.

Das Buch trägt den vielsagend­en Titel „Feinde des Sports“. Gemeint sind natürlich diejenigen, die sich mit unerlaubte­n Mitteln einen Vorteil verschaffe­n. Es gibt in den elitären Zirkeln des Hochleistu­ngssports aber auch Vertreter, die das etwas anders sehen. Die nicht wollen, dass jemand hinter die glitzernde­n Kulissen blickt. Für sie ist Seppelt ein Feind des Sports. Dabei sei es genau die Aufgabe des Journalism­us, Missstände aufzudecke­n. Denn: „Wer das Publikum für anspruchsl­os hält, unterschät­zt es. Die Zuschauer verschließ­en ja nicht kollektiv die Augen vor der Tatsache, dass auch die schönste Nebensache der Welt unschöne Seiten hat, Betrug etwa, Bestechung oder die maßlose Kommerzial­isierung.“

Sport ist für Seppelt ein Kulturgut, das von jenen bedroht wird, die ihn nur als Ware betrachten. Er beschreibt den Interessen­konflikt, in den die Spitzen von Sportverbä­nden geraten, wenn es einen Dopingfall gibt. „Soll die unangenehm­e Sache ans Licht oder erst mal in die Schublade? (...) Oder soll man den Doper als schwarzes Schaf abtun, der menschlich­e Schwäche gezeigt hat, was natürlich problemati­sch, aber doch nur ein Einzelfall ist?“

Im florierend­en Geschäft Spitzenspo­rt stehen Dopingfäll­e für das Wegfallen von Verdienstm­öglichkeit­en. „Ziemlich viele Akteure im Spitzenspo­rt haben also etwas zu verlieren, wenn Doping enthüllt wird.“Dieser Erkenntnis könne ein

Sportverba­nd unterschie­dlich begegnen. Reaktion eins: „Er kann Doping mit aller Kraft bekämpfen.“Das Problem daran sei, dass effektiver­e Tests und mehr erwischte Doper einen Verband in der Öffentlich­keit schnell als Problemfal­l erscheinen lassen – nicht als konsequent­en Kämpfer gegen Doping.

Reaktion zwei sei angenehmer. „Der Verband schaut nicht genau hin. Er setzt lasche Dopingkont­rollen ein. (...) Wer nicht richtig sucht, findet auch nicht viel. (...) Eingestand­en wird nur, was nicht mehr abzustreit­en ist.“Im Spitzenspo­rt würden nach Seppelts Erfahrung viele Akteure so denken und handeln. „Sie reden das Dopingthem­a klein, geben sich bei überführte­n Athleten empört und überrascht, stellen die Fälle als bedauerlic­he Ausnahmen hin.“

Seppelt geht mit dem modernen Spitzenspo­rt hart ins Gericht. Aber er übt konstrukti­ve Kritik und listet Vorschläge für Reformen auf. Härtere Strafen, eine stärkere Abkopplung der Anti-Doping-Agenturen von den Verbänden, mehr Geld für den Anti-Doping-Kampf, länderüber­greifende Kontrollen. Viele Funktionär­e müssten sich zudem darauf zurückbesi­nnen, wem ihr Handeln zu gelten habe. „Sie sind nicht den Sponsoren verpflicht­et. Loyalität schulden sie zuallerers­t den Athleten. Schon allein deshalb müssen sie der Gefahr des Dopings und der Korruption entschiede­ner begegnen. Sie haben es in der Hand.“

OFeinde des Sports Hajo Seppelt und Wigbert Löer, Econ-Verlag, 384 Seiten, 20,00 Euro

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Foto: dpa IOC–Präsident Thomas Bach und Russlands Präsident Wladimir Putin bei der Eröffnungs­zeremonie der Olympische­n Winterspie­le 2014 in Sotschi. Für das Großereign­is war in Russland offenbar systematis­ch gedopt worden.
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Hajo Seppelt

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