Weitere Todesopfer in Bayern
Ein Mann aus dem Kreis Neu-Ulm ist tot. Eine Rentnerin aus einem Allgäuer Seniorenheim starb, ebenso ein Mann aus Würzburg. Was Verantwortliche jetzt fordern
Kempten In Schwaben gibt es die ersten Corona-Opfer: Eine 86-Jährige aus einem Altenheim in Kempten starb im Klinikum Immenstadt. Einen zweiten Todesfall meldete das bayerische Gesundheitsministerium für den Landkreis Neu-Ulm. Wie unsere Redaktion erfuhr, handelt es sich bei dem Mann um einen 83-Jährigen mit Vorerkrankungen, der vor kurzem aus Italien zurückgekehrt war und seit vergangener Woche auf der Intensivstation einer Klinik in Weißenhorn lag. In Würzburg verstarb ein über 80-jähriger Patient mit Vorerkrankungen, wie das Gesundheitsministerium am Sonntagabend mitteilte. Der Gestorbene sei Bewohner des gleichen Pflegeheims gewesen, aus dem auch der erste Coronavirus-Todesfall in Bayern stammte.
Das Kemptener Seniorenheim, in dem das zweite Opfer starb, wird von der Arbeiterwohlfahrt (AWO) betrieben. 15 Angestellte des Hauses müssen nach deren Angaben nun für zwei Wochen in Quarantäne und fallen aus. Im Krankenhaus Immenstadt trug das ganze Team der Not
Schutzkleidung und war daher nicht gefährdet.
Ganz anders im Seniorenheim, wo jetzt der Betrieb deutlich schwieriger wird: Man habe Pflegekräfte aus anderen Häusern abgezogen, damit das Kemptener Heim weitergeführt werden könne, sagte Heinz Münzenrieder, der schwäbische Vorsitzende der AWO, unserer Redaktion. Die Ersatzkräfte kommen etwa aus Heimen in Immenstadt und in Memmingen.
Dass Pfleger jetzt auf mehr Häuser verteilt werden müssen, führe automatisch zu einem „Notbetrieb“. Hinzu kommt, dass Senioren zur Risikogruppe gehören, bei denen eine Infektion mit dem Coronavirus besonders heftig verläuft. Deshalb hat die Staatsregierung bis auf Weiteres auch ein Besuchsverbot in allen bayerischen Seniorenheimen verhängt. In dem Haus in Kempten leben Münzenrieder zufolge mehr als 60 weitere Rentner. Sie wurden auf Corona getestet, Ergebnisse lagen am Sonntagabend noch nicht vor.
Der AWO-Vorsitzende sieht jetzt das bayerische Gesundheitsministerium in der Pflicht: „Das Ministerium muss schnellstmöglich reagieren“, erklärte Münzenrieder am Sonntag. Er fordert unter anderem, dass Mitarbeiter in Pflegeheimen, sollte in ihrem Arbeitsumfeld ein Corona-Fall auftreten, so schnell wie möglich getestet werden – auch wenn sie keine Symptome zeigen. Ist der Test negativ, sollten diese Leute sofort wieder arbeiten dürfen.
Christian Drosten, Chefvirologe der Berliner Charité und mittlerweile wichtigster deutscher Experte im Umgang mit dem Virus, hatte vergangene Woche schon dasselbe gefordert – allerdings für das medizinische Personal in Krankenhäusern. Er hält es für sinnvoll, dass jeder, der im medizinischen Bereich arbeitet, täglich einen Test macht – im Zweifelsfall sogar an sich selbst. So stellt man ihm zufolge sicher, dass nur wirklich erkrankte Pflegekräfte zu Hause bleiben müssen und die Versorgung der Patienten sichergestellt bleibt.
Die Frau aus Kempten ist die zweite Tote in Bayern, die in einem Seniorenheim lebte. Vergangene Woche war ein über 80-Jähriger mit schweren Vorerkrankungen an dem Virus gestorben, der in einer Würzaufnahme burger Seniorenresidenz untergebracht war.
Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) hat angesichts der neuen Corona-Opfer am Sonntag die Bevölkerung ein weiteres Mal dazu aufgerufen, sich und andere vor Infektionen zu schützen. „Alle Veranstaltungen, die nicht zwingend nötig sind, sollten abgesagt oder verschoben werden. Außerdem sollten alle privaten Kontakte so weit wie möglich eingeschränkt werden“, sagte sie und bezog sich damit auf eine Empfehlung, die auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) letzte Woche schon ausgesprochen hatte. Auch empfahl die Ministerin, auf „Reisen jeglicher Art“zu verzichten. Zu möglichen Schnelltests für Mitarbeiter von Pflegeheimen äußerte sie sich hingegen nicht. Menschen in „systemkritischen Berufen“– Ärzte und Pflegepersonal etwa – bekommen aber in einer anderen Sache Unterstützung: Obwohl Schulen und Kitas zu sind, erhalten ihre Kinder eine Notfallbetreuung. So soll garantiert sein, dass die Eltern nicht ausfallen, weil sie sich zu Hause um ihre Kinder kümmern müssen.