Wasserkontrollen sind wichtig
Dadurch kann man verhindern, dass die winzigen Bakterien die Gesundheit gefährden. Welche Möglichkeiten Mieter im Ernstfall haben
Augsburg Mit dem bloßen Auge sind Legionellen nicht einmal sichtbar: Sie sind winzige stabförmige Bakterien, die sich scheinbar unsichtbar in unserem Wasser tummeln. Ganz so harmlos wie sie scheinen, sind sie allerdings nicht. In hoher Konzentration können sie zu Infektionen führen, grippeähnliche Erkrankungen und sogar schwere Lungenentzündungen hervorrufen. Gefährlich sind die Bakterien aber nur in gewissen Situationen: Immer dann, wenn sie in Lunge oder Luftröhre gelangen können – beispielsweise beim Duschen durch den Sprühnebel oder Wasserdampf.
Um das Risiko für Erkrankungen zu senken, schreibt die Trinkwasserverordnung seit 2011 deshalb regelmäßige Untersuchungen vor. Alle drei Jahre müssen Großanlagen und öffentliche Leitungen getestet werden. Was Mieter über Legionellen wissen sollten, welche Kosten sie übernehmen müssen und wann die Miete gemindert werden darf, beantwortet unter anderem Benedikt Schaefer vom Umweltbundesamt.
Wie kann ich feststellen, ob es in meinem Trinkwasser Legionellen gibt?
Nicht alle Gebäude würden auf das Vorkommen der Bakterien untersucht, sagt Benedikt Schaefer vom Umweltbundesamt. Überprüft werden dagegen Großanlagen mit mehr als 400 Litern Warmwasser im Speicher. Oder Warmwasserleitungen mit mehr als drei Litern Wasser zwischen Erwärmer und Entnahmestelle, wie der Berliner Mieterverein mitteilt. „Gewerblich genutzte Anlagen, Miethäuser und öffentliche Gebäude werden überprüft“, meint er. Wie viele Untersuchungen in Deutschland tatsächlich stattfinden, kann der Experte nicht eindeutig sagen. „Nur die Anlagen, die auffällig sind, werden den Gesundheitsämtern gemeldet“, informiert der Experte. Das sei immer dann der Fall, wenn eine Probe den Wert von 100 Kolonien bildenden Einheiten pro 100 Milliliter überschreite. Diese Kennzahl, kurz KBE, ergibt sich aus der Messmethode. Grünbeck Wasseraufbereitung beschreibt sie als „ein Maß für die Anzahl Bakterien“. Pro Keim entstünde auf dem Bakteriennährboden eine Kolonie, die auszählbar werde.
Was bedeutet das für mich, wenn in meinem Haus Legionellen entdeckt wurden?
„Aus meiner Erfahrung überschreiten rund acht Prozent der untersuchten Gebäude diese Vorgabe“, berichtet Schaefer. Eigentümer und Vermieter von Mietshäusern haben im Abstand von drei Jahren die Pflicht, ihre Anlagen überprüfen zu lassen. Davon ausgenommen sind Ein- oder Zweifamilienhäuser. Ebenso Häuser mit einer Trinkwasseranlage ohne zentralen Warmwasserspeicher oder zentrale Erwärmung. Dazu gehören nach Angaben des Berliner Mieterbunds Anlagen ohne Warmwasserversorgung, aber auch Installationen mit Durchlauferhitzern. Werden bei einer standardmäßigen Untersuchung dabei an mindestens drei Stellen im Gebäude Legionellen entdeckt, muss ein Vermieter das Gesundheitsamt darüber informieren. Anschließend werden vor Ort die Gegebenheiten überprüft. „Es gibt immer eine Analyse und einen Plan für Schutzlange maßnahmen“, sagt Schaefer. Wird der erlaubte Messwert überschritten, müssen die Mieter informiert werden. Nutzungseinschränkungen, wie Duschverbote ab einer Belastung von 10 000 Kolonien bildenden Einheiten pro 100 Milliliter, müssen umgehend kommuniziert werden, weiß der Experte. Ist das nicht der Fall, drohen Bußgelder.
Können Mieter die Entstehung von Legionellen verhindern?
Sind Warmwassertemperaturen zu niedrig, der Wärmetauscher defekt, Anlagen zu groß, Leitungen zu lang oder werden nicht regelmäßig gewartet und sind verkalkt, kann das die Entwicklung von Legionellen begünstigen. „Auch leer stehende Wohnungen ohne Wasserverbrauch sind ein Risiko“, sagt Schaefer. Dafür können die Mieter nichts. Doch auch sie sind in der Pflicht. „Wer
nicht in seiner Wohnung war, muss sicherstellen, dass hygienische Verhältnisse vorliegen“, sagt der Experte. Beispielsweise müssten Leitungen durchgespült werden, bevor sie wieder genutzt werden könnten. Sogenanntes Stagnationswasser, so Schaefer, könnte gefährlich werden. Ähnlich wie bei Lebensmitteln mit abgelaufenem Verfallsdatum könne langes Stehen die Qualität beeinflussen. Aus diesem Grund empfiehlt das Umweltbundesamt, Wasser, das länger als vier Stunden in der Leitung gestanden hat, nicht zur Zubereitung von Speisen und Getränken zu verwenden.
Dürfen die Kosten für die Legionellen-Untersuchung auf die Mieter umgelegt werden?
Die Kosten, die durch regelmäßige Untersuchungen des Trinkwassers entstehen, dürfen Eigentümer und Vermieter auf ihre Mieter umlegen, weiß Schaefer. „Sie gehen auf das Konto der Heizkostenabrechnung“, erklärt der Experte. Werden jedoch Legionellen im Wasser festgestellt, muss der Vermieter selbst die Kosten zur Ermittlung der Ursache und Sanierung der Anlage tragen.
Darf ich die Miete mindern, wenn in meinem Haus Legionellen gefunden wurden?
Generell haben Mieter Anspruch auf einwandfreies und gesundheitsunbedenkliches Trinkwasser, weiß Schaefer. Erfüllt ist das, so der Experte, wenn die Anforderungen der Trinkwasserverordnung eingehalten werden. Ist das nicht der Fall, rät er Mietern, sich rechtlich beraten zu lassen. „Mietminderungen wurden vor Gericht bereits zugelassen“, sagt er. Das Amtsgericht in Dresden urteilte im Jahr 2013, dass eine Minderung dann infrage kommt, wenn der Grenzwert von 10000 Kolonien bildenden Einheiten pro 100 Milliliter Probe überschritten ist. Über diesem Wert sei eine Mietminderung von bis zu 25 Prozent gerechtfertigt. Auch das Arbeitsgericht in München kam 2014 zu einem ähnlichen Urteil.
Wann haben Mieter konkrete Schadensersatzansprüche?
Kommt es aufgrund von gesundheitsgefährlichen Legionellenwerten im Trinkwasser zu einer Erkrankung, dann haben Mieter Schadensersatzansprüche. So sahen es zumindest die Richter am Bundesgerichtshof. 2015 klagte eine Frau, deren Vater an einer Lungenentzündung erkrankt war und an den Folgen verstarb, und bekam Recht.