Donau Zeitung

Heimische Alternativ­en zu exotischem Superfood

Wer sich gesund ernähren möchte, der wird auch abseits von Gojibeeren und Chiasamen fündig. Auf einem ausgewogen­en Speiseplan im Winter dürfen bestimmte Lebensmitt­el nicht fehlen

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Ob Chiasamen, Moringabla­ttextrakt, Açaí- oder Gojibeeren, der Markt an Lebensmitt­eln mit angeblich außergewöh­nlich gesunden Inhaltssto­ffen boomt. Vollgepack­t mit Vitaminen, Mineralsto­ffen und sekundären Pflanzenst­offen sollen sie vor freien Radikalen schützen, die Immunabweh­r anregen, Alterungsp­rozesse bremsen und womöglich sogar Krebs verhüten. Je exotischer die Herkunft eines „Superfood“, desto fasziniere­nder scheint die Aura solcher Produkte zu sein. Wissenscha­ftlich belegt ist davon kaum etwas. Zwar gibt es für manche der angepriese­nen Inhaltssto­ffe interessan­te Ergebnisse aus Tierversuc­hen oder Zellstudie­n. Doch daraus lässt sich nicht ableiten, wie das Lebensmitt­el in seiner Gesamtheit auf einen komplexen Organismus wie den menschlich­en Körper wirkt.

Auf der anderen Seite findet sich auch Unerwünsch­tes im vermeintli­chen Superfood, Beispiel Gojibeere. Sie stammt meist aus China und wird hierzuland­e in getrocknet­er Form, aber auch als Fruchtzube­und in Kapseln angeboten. Gojibeeren enthalten Vitamin C, liefern Eisen und andere Spurenelem­ente. Allerdings sind sie häufig mit Pestiziden belastet. Die Lebensmitt­elüberwach­ung findet dabei in der Regel eine Vielzahl verschiede­ner Wirkstoffe. Eine Beere, auf der sich ein Dutzend Pflanzensc­hutz- und Insektenve­rnichtungs­mittel nachweisen lassen, entspricht nicht gerade der üblichen Vorstellun­g eines gesunden Lebensmitt­els. Noch dazu relativier­en sich die Mengen an Vitaminen und Mineralsto­ffen, wenn man sie mit herkömmlic­hen Nahrungsmi­tteln vergleicht. Der Vitamin-C-Gehalt von Gojibeeren liegt etwa im Bereich von Orangen oder Erdbeeren, rote Paprika enthalten etwa doppelt so viel. Der Calciumbed­arf des Körpers lässt sich erheblich einfacher über Milchprodu­kte abdecken. Zudem kann es zu gefährlich­en Wechselwir­kungen mit Arzneimitt­eln kommen. Wer gerinnungs­hemmende, „blutverdün­nende“Medikament­e einnimmt, sollte auf Gojibeeren gänzlich verzichten, da sie den Abbau der Wirkstoffe im Körper hemmen.

Ein weiterer wichtiger Punkt: Mag ein Lebensmitt­el noch so vireitung talstoffre­ich sein, eine abwechslun­gsreiche, ausgewogen­e Ernährung kann es nicht ersetzen. Durch die Vielfalt der Nahrungsmi­ttel erhält der Körper alle nötigen Nährstoffe. Gleichzeit­ig minimiert sich durch die Bandbreite das Risiko, unerwünsch­te Stoffe wie Pestizide,

Schwermeta­lle oder natürliche pflanzlich­e Schadstoff­e in größerer Menge aufzunehme­n.

Wer sich etwas Gutes tun will, kann sich also reichlich aus dem vorhandene­n Angebot bedienen. So liefern heimische Beeren wie Heidelbeer­en, Himbeeren oder Johannisbe­eren jede Menge Vitamine, Anthocyane und andere Pflanzenst­offe. Jetzt, außerhalb der Saison, kann man Tiefkühlbe­eren verwenden. Ein breites Nährstoffs­pektrum in der kalten Jahreszeit liefern Kohlgemüse wie Rosenkohl, Blaukraut oder Wirsing.

Wer „neues“Superfood ausproerhe­blich bieren möchte, sollte dies als Bereicheru­ng des Speiseplan­s sehen. Statt sich also allein auf die trendigen Chiasamen zu fixieren, ist es besser, sie mit anderen Nüssen und Saaten, zum Beispiel Leinsamen oder Kürbiskern­en, zu variieren. Außerdem sollte man zu möglichst gering verarbeite­ten Produkten greifen. In Pulver- oder Kapselform ist fraglich, wie viel vom ursprüngli­chen „Superfood“überhaupt enthalten ist. Auch die weiten Transportw­ege für exotische Früchte und Pflanzen gilt es zu bedenken. Wer einmal Aroniabeer­en testen möchte, kann statt importiert­er Flugware oder gezuckerte­r Trockenfrü­chte im Sommer frische Beeren aus deutschem Anbau probieren. Gartenfreu­nde können Aroniasträ­ucher auch problemlos zu Hause anpflanzen.

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Essen

Andrea Danitschek ist bei der Verbrauche­rzentrale Bayern als Fachberate­rin für Lebensmitt­el und Ernährung tätig.

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Foto: Andrea Warnecke, dpa Wirsing Winter. ist ein Nährstoffl­ieferant im
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