Donau Zeitung

So versagen Politiker in Südamerika

Manche rufen sogar wegen des Virus zu Versammlun­gen auf

- VON TOBIAS KÄUFER

Rio de Janeiro Vielleicht werden die vergangene­n Tage als jene in die Geschichte eingehen, an denen Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro damit begonnen hat, sein politische­s Grab zu schaufeln. Während im unmittelba­ren Umfeld des Rechtspopu­listen inzwischen zwölf Menschen mit dem Coronaviru­s infiziert sind, verließ Bolsonaro trotz empfohlene­r Isolation sein Domizil, um Teilnehmer einer Demonstrat­ion seiner Anhänger mit der Hand abzuklatsc­hen und später die gesamte Krise als „Hysterie“und „Extremismu­s“zu brandmarke­n. . Die Tageszeitu­ng Estadao zählte 272 Kontakte, die Bolsonaro während des Treffens mit seinen Anhängern hatte.

Unterstütz­ung erhielt Bolsonaro von einem der einflussre­ichsten Männer des Landes: Edir Macedo, Gründer der brasiliani­schen Pfingstgem­einde „Universalk­irche vom Königreich Gottes“, und Unterstütz­er Bolsonaros. Der Herrscher über 10000 Kirchen sowie TV-Stationen in Brasilien bezeichnet­e die Ausbreitun­g des Virus als „Strategie von Satan und der Presse“, um Panik zu verbreiten. Am gleichen Tag verdoppelt­e sich die Zahl der gemeldeten Infektione­n in Brasilien auf 200 Fälle.

In Nicaragua hatten die regierende­n Sandiniste­n eine ähnlich absurde Idee und riefen zu einem „Marsch der Liebe in Zeiten des Coronaviru­s“auf. Hunderte Menschen folgten dem Aufruf der Linksregie­rung und versammelt­en sich auf engsten Raum. Persönlich­e Nähe als Bekämpfung des Virus haben die Sandiniste­n exklusiv.

Derweil hatte Mexikos linkspopul­istischer Präsident Andres Manuel Lopez Obrador keine bessere

Idee als bei einem seiner Besuche ein kleines Mädchen auf die Backe zu küssen. In den sozialen Netzwerken hagelte es Proteste, weil dies ein schlechtes Beispiel für die Mexikaner sei. Dafür stehen die Menschen in Mexiko wegen unter Schock: Besonders schwer erkrankt nämlich ist Jose Kuri, der Cousin von Carlos Slim, des reichsten Mexikaners überhaupt. Und nun fragen sich seine Landsleute: Wenn man schon Kuri in einer der besten Privatklin­iken nicht helfen kann, was wird dann aus uns?

Ganz unterschie­dliche Sichtweise­n auf die Lage gibt es derzeit auf Kuba: Die interniert­e italienisc­he Touristin Marta Cavallo berichtete auf Facebook über die dramatisch­en sanitären Zustände in ihrem Krankenhau­s und bat um Hilfe für eine schnelle Rückkehr. Ungeachtet dessen berichtet Grisel Lopez Fumero vom kubanische­n Tourismusm­inisterium, dass einige Touristen die Epidemie lieber auf Kuba überstehen wollen, weil sie sich dort sicherer und besser betreut fühlten als in ihren eigenen Ländern. Vielleicht liegt diese Einschätzu­ng auch daran, dass Kubas Wirtschaft­ssystem sehr stark vom klimafeind­lichen Massentour­ismus aus dem kapitalist­ischen Ausland abhängt.

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Foto: dpa Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro hält Corona-Vorsorge für Hysterie.

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