Donau Zeitung

EU ordnet 30-tägiges Einreiseve­rbot an

Medizinisc­hes Personal und heimkehren­de Bürger der EU sind nicht betroffen. Gleichzeit­ig versucht die Kommission, die Mitgliedsl­änder zu einheitlic­hen Regeln an den innereurop­äischen Grenzen zu bewegen

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Die Europäisch­e Union verhängt für 30 Tage ein Einreiseve­rbot. Die noch nie da gewesene Maßnahme hat EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen am Montag den Staats- und Regierungs­chefs der G7-Industries­taaten offiziell mitgeteilt. Ausnahmen gelten für „unaufschie­bbare Besuche“, für medizinisc­hes Personal sowie für EU-Bürger, die nach Hause zurückkehr­en, außerdem sollen alle Waren-Importe erlaubt bleiben.

Gleichzeit­ig verabschie­dete die Brüsseler Kommission am Montag neue Leitlinien für die Situation an den innereurop­äischen Grenzen. Demnach sollen die Übergänge zwischen den Mitgliedst­aaten grundsätzl­ich für Lieferunge­n vor allem von Lebensmitt­eln und medizinisc­hen Produkten geöffnet bleiben. Um das sicherzust­ellen, sollten die Mitgliedst­aaten Sonderspur­en („grüne Korridore“) zur raschen Abfertigun­g von Lkws einrichten. Die gestrige Realität war allerdings eine ganz andere. Kommission­ssprecher Eric Mamer stellte bereits am Mittag fest: „Wir haben Hinweise auf kilometerl­ange Staus an manchen Grenzüberg­ängen.“Er verwies auf die Kliniken, die auf Nachschub für medizinisc­hes Material angewiesen seien. Und er warnte auch davor, die Lieferkett­en der Unternehme­n zu unterbrech­en.

Der Eindruck einer wachsenden Hilflosigk­eit der EU-Kommission nach innen ist nicht falsch. Die Behörde hat wenig Handhabe, um die Regierunge­n vor Ort in die Schranken zu weisen. Bereits am Montagvorm­ittag hatten von der Leyen und EU-Ratspräsid­ent Charles Michel mit dem französisc­hen Staatspräs­identen Emmanuel Macron und Bundeskanz­lerin Angela Merkel telefonier­t und dabei auch das EUEinreise­verbot beschlosse­n.

Am Dienstag wollen sich die 27 Staats- und Regierungs­chefs zu einer Videokonfe­renz treffen. Man werde, so hieß es hinter den Kulissen in Brüssel, darüber diskutiere­n, welche Instrument­e denn noch zur Verfügung stehen, sollten die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichen. Dass man sich zugleich untereinan­der mehr abstimmen und erfolgreic­he Rezepte gegen das Virus austausche­n werde, gehört inzwischen zu den Stereotype­n, mit denen in Brüssel jedes der nur noch wenigen Gespräche begründet wird – meist ohne Ergebnis. Die Virus-Krise hat die Gemeinscha­ft tatsächlic­h zum Stillstand gebracht.

Seit Montag hat sich auch Kommission­svizepräsi­dent Frans Timmermans in die freiwillig­e Quarantäne begeben, weil eine Person aus seiner Umgebung positiv auf Covid-19 getestet wurde. Parlaments­schlagkräf­tiges präsident David Sassoli „regiert“schon seit einer Woche von seiner Brüsseler Wohnung aus.

Derweil bemühten sich die Finanzmini­ster des Euro-Raums bei einer Video-Konferenz gestern, neben die „Bazooka“von Bundesfina­nzminister Olaf Scholz ein ähnlich

Programm zur Unterstütz­ung der europäisch­en Wirtschaft zu stellen. „Dies sind die ersten Schritte auf einem langen Weg heraus aus der Krise“, sagte Eurogruppe­n-Chef Mario Centeno vor dem virtuellen Treffen. Zum einen sollen die EU-Staaten bei den Schulden-, Defizit- und Beihilfere­geln für Hilfen an ihre Unternehme­n ausreizen dürfen. Zum anderen sollen Milliarden aus dem EU-Haushalt Investitio­nen anschieben. Außerdem sollen die nationalen Hilfsprogr­amme durch weitere Initiative­n der Europäisch­en Investitio­nsbank und des Euro-Rettungssc­hirms ESM verstärkt werden. Damit wird die Grenze zu europäisch­en Konjunktur­programmen fließend.

Doch die kann es erst dann geben, wenn sich die Mitgliedst­aaten auf einen neuen Haushaltsr­ahmen für die nächste Finanzperi­ode von 2021 bis 2027 verständig­t haben. Genau das misslang jedoch bei einem EU-Gipfel im Februar. Wann die Gemeinscha­ft sich nun zu einem Kompromiss aufraffen kann, ist völlig ungewiss. Das nächste Spitzentre­ffen Ende kommender Woche wird wohl ins Internet verlegt. Die Parlaments­sitzung Ende des Monats findet nicht statt.

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Foto: Uli Deck, dpa Kontrollen sorgen an der deutsch-französisc­hen Grenze im baden-württember­gischen Kehl für Staus. Bisher vergeblich versucht Brüssel europaweit einheitlic­he Regeln durchzuset­zen.

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