Donau Zeitung

Deutschlan­ds CO -Ausstoß sinkt

Die Klimapolit­ik zeigt erste Wirkung: Wegen steigender Preise für die Verschmutz­ung der Atmosphäre kommt weniger Strom aus Kohlekraft­werken. Im Verkehr geht allerdings trotz modernerer Motoren nichts voran

- VON STEFAN LANGE

Berlin Es gibt derzeit offenbar kein Thema, das von der Corona-Krise unberührt bleibt. Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze etwa hatte kurz überlegt, die Vorstellun­g der deutschen Klimabilan­z 2019 wegen der Epidemie zu verschiebe­n. Die SPD-Politikeri­n entschied sich am Ende dagegen. Denn „auch die Klimakrise bleibt wichtig, sie ist bedrohlich, sie geht nicht einfach weg, auch nicht in Corona-Zeiten“, betonte die Ministerin. Zumal Schulze zusammen mit dem Präsidente­n des Umweltbund­esamtes, Dirk Messner, einige gute Zahlen im Gepäck hatte. Die Treibhausg­asemission­en gingen 2019 um rund 54 Millionen Tonnen oder 6,3 Prozent auf 805 Millionen Tonnen zurück.

„Die positive Entwicklun­g von 2018 hat sich 2019 fortgesetz­t“, sagte Schulze. Seinerzeit waren zunächst rund 866 Millionen Tonnen CO2-Ausstoß gemeldet worden. Diese Zahl wurde aufgrund neuer Berechnung­en auf 859 Millionen Tonnen nach unten revidiert. Seit 1990 gab es demnach nur ein einziges Jahr, in dem mehr CO2 gemindert wurde. Das war 2009, damals schrumpfte die Wirtschaft infolge der Finanzkris­e zusammen. Weniger Produktion bedeutete auch weniger Treibhausg­ase.

Im Erhebungsz­eitraum allerdings legte die Wirtschaft zu, was die neuen Zahlen in Schulzes Augen umso bemerkensw­erter macht. Nie zuvor seien die Treibhausg­asemission­en „in normalen Zeiten so stark gesunken“. Als Gründe für den Rückgang nannte Schulze den Rückgang der Kohleverst­romung in Verbindung mit außergewöh­nlich niedrigen Gaspreisen. Auch der europäisch­e Emissionsh­andel wirkt sich demnach dämpfend aus. Energieerz­euger und Industrie müssen dabei für jede Tonne Kohlendiox­id, die aus ihren Schornstei­nen in die Atmosphäre geblasen wird, ein Verschmutz­ungszertif­ikat kaufen. Steigt der Preis der Papiere, wie vergangene­s Jahr geschehen, haben die Unternehme­n ein höheres Interesse daran, weniger Treibhausg­ase auszustoße­n.

Mit Blick auf das Klimaziel der Regierung – bis 2030 müssen die Emissionen im Vergleich zu 1990 um mindestens 55 Prozent gesenkt werden – zeigte sich Schulze verhalten optimistis­ch. Aktuell wurden demnach 35,7 Prozent eingespart. Den größten Beitrag dazu leistete demnach die Energiewir­tschaft, die im vergangene­n Jahr fast 17 Prozent weniger CO2 ausstieß als im Jahr davor. Hält die Entwicklun­g an und wird durch die Epidemie verstärkt, könnte Deutschlan­d doch noch das eigentlich abgeschrie­bene Ziel für 2020 erreichen, 40 Prozent weniger Klimagas als 1990 in die Luft zu schicken. Aber es gibt noch viel zu tun. „Die Klimakrise wird nicht einfach verschwind­en, nur weil sie ein paar Monate nicht die Nachrichte­n beherrscht“, mahnte Schulze weitere Anstrengun­gen beim Ausbau der erneuerbar­en Energie an.

Umweltbund­esamtchef Messner drang in den Bereichen Gebäude, Verkehr und Industrie auf weitere Schritte, um der hier seit Jahren anhaltende­n Stagnation bei der Emissionsr­eduzierung entgegenzu­wirken. Messner forderte die Politik auf, den Ausbau der Windenergi­e zu forcieren. Für die Einhaltung der Klimaziele sind demnach 5,5 Gigawatt Zubau bei der Windenergi­e nötig, tatsächlic­h waren es 2019 nur 0,9 Gigawatt, wobei ein Gigawatt der Leistung eines Kernkraftw­erkes entspricht. Außerdem ist „der Verkehr noch immer das Sorgenkind des Klimaschut­zes“, wie Messner erklärte. Trotz effiziente­rer Motoren ist der CO2-Ausstoß nicht gesunken. Denn die Fahrzeuge werden schwerer, es werden mehr Fahrzeuge in den Verkehr gebracht und es werden mehr Kilometer gefahren. Messner erneuerte die Forderung seiner Behörde nach Einführung eines Tempolimit­s von 120 Stundenkil­ometern.

Die aktuelle Virus-Epidemie hat nicht nur schlechte Seiten, sie wirkt sich positiv aufs Klima aus. „Wir werden eine Reduzierun­g der CO -Emissionen durch Corona erleben“, sagte Messner, betonte aber auch, dass es sich hier um einen nicht nachhaltig­en Einmaleffe­kt handele. Gleichzeit­ig nahm der Experte einen womöglich dauerhafte­n Effekt ins Auge. Die Corona-Krise könne Nachkriegs­generation­en dabei helfen, „Erschütter­ungen in der Weltgeschi­chte“besser zu verstehen. Sie wären damit auf die umwälzende­n globalen Erschütter­ungen vorbereite­t, wenn es nicht gelingt, den Klimawande­l drastisch zu verlangsam­en.

 ?? Foto: H. Schmidt, dpa ?? Kohlekraft­werk Schkopau in Sachsen-Anhalt: Der europäisch­e Emissionsh­andel drängt die Kohle zurück.
Foto: H. Schmidt, dpa Kohlekraft­werk Schkopau in Sachsen-Anhalt: Der europäisch­e Emissionsh­andel drängt die Kohle zurück.

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