Donau Zeitung

Der Trend zum Selbstgesp­räch

- VON JOSEF KARG jok@augsburger-allgemeine.de

Es gibt Dinge, von denen man bisher vermutet hat, es habe sie schon immer gegeben. Das verbale miteinande­r Kommunizie­ren beispielsw­eise, in Bayern in seiner klatschhaf­ten Form auch treffend als Ratschen bezeichnet.

In Wirklichke­it, wenn man nicht an Adam, Eva und das Paradies glaubt, hat sich die Kommunikat­ion aber langsam entwickelt. Unklar ist noch, wer die Nachricht überliefer­t hat, dass der Urbayer vor rund 1,7 Millionen Jahren begonnen hat, sich durch Gesten und Laute seinen Miturbayer­n zu erklären. So jedenfalls soll es gewesen sein, wenn man einem bekannten Lexikon glauben darf.

Diese Form der dialogisch­en Kommunikat­ion haben der Bayer und auch andere im Laufe der Zeit so perfektion­iert, dass etwas entstanden ist, was den Menschen von vielen anderen Lebensform­en unterschei­det: die Sprache.

In Zeiten, in denen der Mensch in die Isolation gedrängt wird, könnte nun eine Dialogform zu neuer Blüte wieder gedeihen, die bisher zumindest öffentlich oft und zu Unrecht geschmäht wurde: das Selbstgesp­räch, also die Zwiesprach­e mit dem eigenen Ich.

Wer sich bisher öffentlich dabei ertappen ließ, musste damit rechnen zumindest als Neurotiker verspottet zu werden. Insofern hat der moderne Mensch immer abgewägt, wie laut und wie häufig er Selbstgesp­räche führte. Schade eigentlich. Denn sie sind ein wunderbare­s Mittel, um sich auf ein Thema zu fokussiere­n oder sich zu motivieren.

Und noch einen Vorteil haben Selbstgesp­räche: Anstecken kann man sich dabei mitnichten.

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