Ein dorniges Gewächs mit heilsamer Wirkung
Der Schlehenstrauch kann mehr als 500 Jahre alt werden. Wie seine Früchte eingesetzt werden können / Serie (11)
Zarte Schönheiten mit starker Wirkung – die Welt unserer heimischen Kräuter zu entdecken, ist eine spannende Sache. Genau dazu laden wir Sie ein. In unserer Serie stellen wir Ihnen in regelmäßiger Folge bayerische Pflanzen vor, die nicht nur durch ihren lieblichen Anblick das Auge erfreuen, sondern für Körper und Seele mehr tun können. Brigitte Walde-Frankenberger ist unsere Autorin. Heute erklärt Sie, warum die Schlehe so eine wertvolle Pflanze ist.
Als Nahrungsmittel wurden die Früchte der Schlehe bereits von Pfahlbauern der Frühzeit genutzt. Dem Geschlecht der Wildpflaume zugeordnet, gedeiht die Schlehe als Baum oder Strauch in wilden Hecken, an Wald- und Wegrändern, an sonnigen Berghängen, aber auch auf Heideland. Der bis zu drei Meter hohe Strauch kann ein ehrwürdiges
Alter von mehr als 500 Jahren erreichen.
Die Schlehe ist ein Rosengewächs. Mit ihrer weißen Blütenpracht ist sie unser erster Frühjahrsbote und galt einst als ein Fruchtbarkeitssymbol. Als Einfriedung – althochdeutsch Hag – umgaben dornenbewehrte Wildhecken die germanischen Gehöfte, um sie vor Eindringlingen zu schützen, weshalb Weißdorn und Schlehe im Volksmund Hagedorn genannt werden. Vögeln gewährt das undurchdringbare Schlehengebüsch einen geschützten Nistplatz. Als Nahrungsspeicher ist er wertvoll, um ihren Fang – Insekten, kleine Mäuse – an den langen Dornen aufzuspießen. Der wissenschaftliche Name „Prunus spinosa“kommt von „Prunus“, also „Pflaumenbaum“, und „spinosa“, was „dornig, stachelig“heißt.
Die duftenden Schlehenblüten werden in den Monaten April und Mai an einem sonnigen Tag gesammelt. Sie trocknen am besten auf einem Musselintuch in der Sonne, wobei sie häufig gewendet werden
Zeichnung: Paul Walde sollten. Dann können sie in Gläser gefüllt und an einen dunklen Ort gestellt werden. Geerntet werden die Früchte im Spätherbst nach den ersten Frösten.
Die großen Ärzte der Antike lobten die mannigfaltigen medizinischen Eigenschaften der Schlehe. Im Kräuterbuch des Arztes Adamus Lonicerus aus dem Jahre 1679 ist zu lesen: „Schlehenblüten / in gutem Wein gesotten und warm getrunken / sind gut für die Brust / stärken Herz und Magen.“Schlehdornblüten sind mild abführend, stoffwechselfördernd, schweißtreibend und auswurffördernd. Als Fiebertee werden die harn- und schweißtreibenden Blüten gerne getrunken. Die Früchte wirken stärkend und belebend, appetitanregend, verdauungsund stoffwechselfördernd. Aufgrund des hohen Gerbstoffgehalts wirken die Früchte zusammenziehend und sind daher besonders hilfreich bei Halsentzündungen.
● Rezept Und so kann die Schlehe in der Küche für einen Schlehdornsaft verwendet werden: Es wird eine Handvoll zerdrückte Beeren genommen und ein halber Liter Wasser dazugegeben. Man kocht die Mischung auf die Hälfte ein und passiert das Mus durch ein feines Sieb, sodass die Kerne im Sieb zurückbleiben. Anschließend wird der Saft mit braunem Zucker nach Geschmack gesüßt. Der Schlehdornsaft wirkt stärkend und regt den Magen zur Tätigkeit an. Doch Vorsicht: Schlehenblüten und die Kerne der Wildfrucht enthalten das Blausäureglycosid Amygdalin. Während sich die Blausäure beim Trocknen der Blüten abbaut, dürfen die Kerne der Wildfrucht nicht genossen werden.