Hilferuf der italienischen Pfleger
Coronavirus: In den betroffenen Gebieten wächst die Verzweiflung – und es hagelt Kritik Verband klagt: Wir können nicht mehr
Rom Die Gesichter der Krankenpfleger sind mehr als erschöpft. Sie sind verschwitzt, vom stundenlangen Tragen haben die Gesichtsmasken tiefe Spuren hinterlassen. Der Verband der italienischen Krankenpfleger hat ein Video über den Zustand des medizinischen Personals in Italien im Kampf gegen die Corona-Pandemie mit einem dramatischen Appell veröffentlicht. „Non c’è più tempo“, lautet der Schlüsselsatz: Es ist keine Zeit mehr.
Italien ist nach China das am meisten von Covid-19 betroffene Land. Mehr als 24000 Menschen sind nach offiziellen Zahlen mit dem Virus infiziert, mehr als 1800 Todesopfer forderte die Epidemie hier bereits, das entspricht 30 Prozent der Corona-Toten weltweit. Die Appelle von Medizinern und die von der Regierung ergriffenen Maßnahmen sind dramatisch.
„Wir haben nicht genügend Betten, um die Patienten zu versorgen“, heißt es im Video des Krankenpflegerverbandes. Das Personal sei zu wenig, arbeite am Rande seiner Möglichkeiten und sei ständiger Gefahr ausgesetzt. „Wenn wir diese Lawine nicht stoppen, werden wir einen noch größeren Preis bezahlen, den Zusammenbruch des Gesundheitssystems“, sagt der Sprecher. Am Ende des zweiminütigen Films folgt ein Aufruf an die Italiener: „Sperrt euch zu Hause ein, jeder Ausgang öffnet dem Virus die Türen!“Jetzt, es sei keine Zeit mehr.
Angesichts der seit einer Woche im ganzen Land geltenden Ausgangssperre kommt die große Mehrheit der Italiener den Aufrufen nach. Und doch waren am Wochenende etwa in Mailand zahlreiche Spaziergänger zu sehen. Norditalien steht seit zehn Tagen unter Quarantäne. In einem Interview mit dem Corriere della Sera warnte Ministerpräsident Giuseppe Conte vor einer weiteren Zuspitzung der Lage: „Die Wissenschaftler sagen uns, dass wir den Höhepunkt noch nicht erreicht haben. Diese Wochen jetzt sind die mit dem größten Risiko, man muss höchste Vorsicht walten lassen.“