„Wir sitzen fest. Möglicherweise 30 Tage lang“
So ergeht es unseren Lesern, die gerade auf Reisen sind. Die Spanne der Eindrücke könnte weiter nicht sein. Die einen genießen die Fremde. Andere versuchen verzweifelt, aus der Ferne zurück nach Deutschland zu kommen
● Ägypten „Ich bin seit Montag vergangener Woche mit meinem Freund in Ägypten, in Sharm El Sheikh. Eigentlich waren hier alle sehr gelassen, was das Thema Corona angeht. Es wurde darüber gesprochen, aber Angst hat hier eigentlich keiner. Nun haben die Hotelbetreiber jedoch höhere Vorsichtsmaßnahmen eingeführt. Am Morgen wird bei jedem Hotelgast, der den Speisesaal betritt, die Temperatur mit einem Stirnmessgerät überprüft und am Nachmittag war an jeder Türe ein kleiner Zettel angebracht, auf welchem zu Maßnahmen wie Händewaschen, nicht ins Gesicht langen etc. aufgefordert wird, um die Ausbreitung hier zu verhindern.
Ansonsten scheint das Thema weit in die Ferne gerückt zu sein, wenn man an die Panik in Deutschland denkt. Wir sind beide einfach unglaublich froh, dass wir noch vor einem möglichen Ausreisestopp oder Flugausfällen hierher gekommen sind. Insgesamt kann ich sagen, dass wir unseren Urlaub ohne Einschränkungen genießen können! Das Einzige, was etwas schade ist, dass hier gerade ein Sturm herrscht und deshalb die Temperaturen nur um die 20 Grad liegen und das Meer aufgrund des extremen Wellengangs für alle gesperrt ist. Morgen wird’s zum Glück wieder besser :)“
Am Sonntag schreibt Kim einen Nachtrag: „Gerade habe ich erfahren, dass auch hier in Ägypten die Schulen ab Montag geschlossen sind ... Menschen aus verschiedenen Ländern, die gestern mit dem Flieger angekommen sind, werden heute schon wieder heim geschickt .... “
Kim aus Lagerlechfeld
● Panama „Ich bin gerade mit einer Freundin im Urlaub in Panama. Am Sonntagnacht sollte unser Rückflug gehen. Alle Flüge nach Europa wurden gecancelt, so unserer auch. Die Botschaft meinte gestern, wir sollten uns schnell selbst nach einem Flug erkundigen. Über Mexiko könnten wir vielleicht nach Deutschland zu
Unser Flug wurde nie von der Fluggesellschaft (Air Europa) gecancelt, deswegen sind wir voller Hoffnung zum Flughafen gefahren. Dort: alles gecancelt. Niemand kommt weg. Keine Flüge, keine Umbuchung. Keine Alternative. Auch der Ticketpreis wird nicht zurückerstattet. Einen Voucher für eine andere Flugreise im gleichen Wert für dieses Jahr. Haha. Danke, wenn das überhaupt noch möglich ist. So, die helfen uns auch nicht, wie die Botschaft. Anscheinend werden auch die Grenzen von allen lateinamerikanischen Ländern am Montag, 16. März, geschlossenen. Das heißt, wir kommen nicht raus.
Jetzt sitzen wir in Panama City fest und das für mögliche 30 Tage. So lange bleiben die Grenzen zu. Wir hängen in der Luft und wissen nicht, was wir tun sollen. Noch kann man einiges hier machen, einkaufen, essengehen – kein Problem. Wir wissen nicht, wie es weiter geht, wie lange wir hier sein werden, und vor allem nicht, wie wir zurückkommen. Heute Abend kommen noch zwei Bekannte aus Deutschland ins gleiche Hostel. Deren Airline (KLM) hat den Flug umgebucht. Sie sollen am Mittwoch nach Bogota fliegen und von dort nach Paris. Aber ob das möglich ist, bin ich mir nicht sicher.“Anja S. aus Augsburg
● Kambodscha „Zu Beginn unserer dreiwöchigen Reise durch Kambodscha und Thailand war die Sorge groß, was wohl auf uns zukommen wird. Ob wir eventuell nicht überall einreisen dürfen oder gar irgendwo unter Quarantäne gestellt werden und nicht mehr weiterkommen. Jetzt, auf der Reise selbst und nachdem bisher alles super geklappt hat, ist das Wohlbefinden, mit unserem täglichen Begleiter Handdesinfektion, ganz in Ordnung. Gestartet sind wir in Thailand, Bangkok und aktuell befinden wir uns in Kambodscha auf der Weiterreise in die Hauptstadt Pnom Phen. Man merkt die Angst der Leute, extrem viele tragen Mundschutz, auch Touristen (sogar Touristen mit Einweghandschuhen sind uns schon begegnet). In unserer Unterkunft in Kambodscha wurde sogar bei jedem die Temperatur gemessen. Das erste Mal, dass dies der Fall war auf unserer Reise. Aber wir selber machen uns eigentlich wenig Gedanken, es hilft nichts, sich jetzt verrückt zu machen, und mit der nötigen Hygiene kann man, denke ich, einiges vermeiden. Wir können also unseren Urlaub trotz der aktuellen Geschehnisse genießen und wollen so schnell auch nicht wieder heim.“
Katrin aus Wertingen
● Thailand „Ich mache zurzeit eine Weltreise und war vor einer Woche in Vietnam. Am Flughafen wurde verstärkt kontrolliert, aus welchem Land man kam. Ansonsten hat man eigentlich nichts gemerkt. Dennoch fühlte ich mich unsicher und verlies auf Anraten der Botschaft das Land. Seit ein paar Tagen ist Vietnam auch dicht. Derzeit bin ich in Thailand (Phuket), wo die Lage sehr gechillt ist. Keiner läuft mit Mundschutz rum, und am Flughafen gab es keine verstärkten Kontrollen. Ich denke, jeder fühlt sich im Ausland wohler als momentan in Deutschland.“
Nina Nicole
● USA „Erst mal ein Danke an euch. Täglich checken wir auf eurer Facebook-Seite die aktuelle Lage in Deutschland. Wir befinden uns gerade in Hollywood/Los Angeles und um ehrlich zu sein, würden wir momentan lieber hier bleiben, als am Montag die Heimreise nach Augsburg anzutreten. Corona ist zwar auch hier all over the media, aber die Menschen, die Gastronomie und der allgemeine Alltag sind gefühlt gut vorbereitet. In jedem Geschäft und den Tankstellen gibt es Desinfektionsmittel, Spender bzw. Tücher zum Desinfizieren der Einkaufswarückkommen. gen. In manchen Bars verteilen Angestellte sogar Desinfektionstücher. Klopapier gibt es auch noch überall zu kaufen.“Silvester
● Französisch-Ploynesien „Ich bin aktuell in Französisch-Polynesien. Ich reise seit gut zwei Monaten um die Welt. Elf Länder habe ich eingesammelt. In wenigen Tagen sollte es langsam heimwärts gehen, über San Francisco und Paris nach München. Dass ich bei meiner Heimkehr am
25. dann voraussichtlich erst mal in Quarantäne lande, darauf bin ich schon eingestellt. Als Corona bzw. die Wuhan-Grippe in China anfing, war ich in Hongkong. Und das war auch fast das einzige Mal, dass ich Fiebermessen und Atemmasken gesehen habe. Hier und jetzt, am anderen Ende der Welt, ist alles ganz weit weg. Nur am Flughafen wird akribisch meine Reiseroute überprüft. Aber nun überschlagen sich die Ereignisse.
Mittlerweile mache ich mir Sorgen, wie ich überhaupt wieder nach Hause komme. Tahiti ist theoretisch französisches Hoheitsgebiet. Also Europa? Was meint Trump, wenn er europäische Flüge untersagt? Der Mann denkt dabei garantiert nicht an kleine Inseln im Pazifik, die gerade einen einzigen Kranken aufweisen können. Wenn es blöd läuft, werden meine Flüge annulliert, ich darf mich mit Billigfluglinien wie French Bee und Norwegian um Kompensation streiten (700 Euro gesamt) und für 2000 Euro neue Flüge über Singapur buchen.
Festsitzen hier im Südsee-Paradies will ich nicht. Zu teuer. Außerdem müsste ich meine internationale Krankenversicherung immer wieder verlängern. Dabei habe ich jedes Mal wieder eine Sperrfrist von 72 Stunden. Die fühlen sich gerade extrem lange an … Wie lange meine Krankenversicherung das in Corona-Zeiten wohl noch mitmacht?
Am liebsten würde ich sofort heimfliegen. Aber ich kann ohne aktuell offizielle Warnung nichts kostenfrei stornieren. Also werde ich noch ein paar weitere Tage hier sein. Im Paradies, einem teuren Bungalow über kristallklarem, türkisem Wasser. Für die Polynesier ist noch alles in Ordnung, aber ich sehe schon dunkle Wolken am Horizont.
Genießen kann ich meine Zeit hier nicht mehr komplett unbeschwert. Zu viel hänge ich im Internet und wühle mich durch die Verlautbarungen meiner Fluggesellschaften und die Einreisebestimmungen der verschiedenen Länder.“Karin B. aus München und Kopenhagen
● Kanada „Ich bin seit einigen Monaten auf Weltreise. Die meiste Zeit davon hab ich in Australien und Neuseeland verbracht, war aber auch in Taiwan und Neukaledonien unterwegs. Derzeit reise ich durch den Westen Kanadas und werde noch einige Zeit im Land bleiben.
Weder hier noch dort bekomme ich etwas von dieser Panik mit. Lediglich gestern, als ich zufällig in einen Fernseher geschaut habe, war das Virus ein Thema. Würde ich soziale Medien wie Facebook und Co. nicht nutzen und keinen Kontakt zur Familie haben, würde das alles so ziemlich spurlos an mir vorbeigehen.“Markus aus Deuringen
● Ungarn „Meine Freundin und ich sind zurzeit in Budapest. Ursprünglich war tatsächlich Venedig geplant, nachdem sich die Corona-Lage allerdings verschärft hatte, entschieden wir uns, nach Budapest zu fahren. Unsere Reise nach Italien stornierten wir, weniger aus Angst vor der Ansteckungsgefahr, sondern mehr aus Bedenken, vom Urlaub nichts zu haben, falls Sehenswürdigkeiten geschlossen bleiben sollten. In Budapest genießen wir unseren Urlaub wie jeden anderen, von einem Virus ist nichts zu spüren. Allenfalls vereinzelt trifft man Menschen mit Mundschutz. Wir befolgen die „normalen“Hygienevorschriften wie ausgiebiges Händewaschen mit Seife. Somit fühlen wir uns im Urlaub auch zu Corona-Zeiten sehr wohl und sicher!“Michael F. aus Neuburg an der Donau
● Vietnam „Ich bin gerade mit fünf Freundinnen im Süden von Vietnam unterwegs und hier merkt man relativ wenig. Bei einem Hotel wurde bei uns vor dem Check-in Fieber gemessen. Ansonsten ist hier alles relativ normal, zwar tragen hier sehr viele Leute Mundschutzmasken, was aber üblich für Vietnam und Asien ist. Ich genieße jetzt die Tage, da zu Hause ja gerade das Chaos ausbricht und mein soziales Leben für die nächsten fünf Wochen sehr eingeschränkt wird, da ich nicht mal zur Hochschule kann.“Louisa T. aus Horgau
● Spanien „Wir urlauben seit einer Woche auf Gran Canaria. Unser Urlaub begann holprig – da wir eine Woche vorher umbuchen mussten, da unser erstes Ziel Teneriffa storniert wurde – dann ist unsere Wahl auf Gran Canaria gefallen. An den Flughäfen sieht man doch einige Touristen mit Mundschutz, aber dann angekommen, ist nichts besonderes geregelt oder eingeschränkt – am Eingang des Speisesaals wird die Möglichkeit zur Hände-Desinfektion angeboten – und über unseren Reiseveranstalter haben wir heute erfahren, dass Großveranstaltungen auf der Insel abgesagt werden. Ansonsten gibt es keine Einschränkungen. Wir fühlen uns auch nicht gefährdet oder bedroht, nur weil wir in einem anderen Land verweilen, und genießen unseren Urlaub.“
Sieglinde aus Westendorf
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„Das Einzige, was schade ist: wir haben ein Sturm“
„Ich weiß nicht mehr, wie es weitergeht“
Wir haben für dieses Stimmungsbild via Facebook Reisende aus der Region aufgerufen, uns ihre Eindrücke vom Unterwegssein in Coronazeiten zu schildern.