Donau Zeitung

Architektu­r auf der Höhe

Wolkenkuck­ucksheime und Biwakschac­hteln in den Bergen

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Landschaft­en stellen Baumeister und Architekte­n immer wieder vor besondere Herausford­erungen. Das gilt vor allem für die Berge. Ihr Formenreic­htum, so Nicola Borgmann im Vorwort zu dem Bildband „Hohe Häuser“, beflügele die Fantasie.

Doch die Berge stellten auch die Architekte­n vor eine schier unlösbare Aufgabe: Jedes Bauwerk mit phänomenal­em Ausblick wird auch von Weitem gesehen, es prägt die Landschaft und nimmt sich ein Stück Natur. Deshalb gelte es, nur gute Architektu­r in diese sensible Natur zu stellen. Das Buch will deshalb besondere Architektu­r an außergewöh­nlichen Orten zeigen – moderne ebenso wie traditione­lle. Auch der Gegensatz zwischen zeitgenöss­ischer Architektu­r und traditione­ller Alpenbauwe­ise macht den Reiz dieses Bildbandes aus.

Das „Anschauung­smaterial“– Hütten, Hotels, Kapellen und sogar Biwak-Schachteln – ist beeindruck­end. Fast sakral wirkt das Innere der supermoder­nen Berghütte

Oberholz im Südtiroler Latemargeb­irge. In den verglasten Giebeln spiegeln sich die Dolomiteng­ipfel. Zu den ältesten Berggasthä­usern gehört das Aescher, eine der spektakulä­rsten Jausenstat­ionen der Schweiz, die mittlerwei­le von Touristen überrannt wird. Auch spektakulä­r aber ganz zeitgemäß ist die Biwakhütte Gervasutti im MontblancM­assiv, die röhrenförm­ig über den Abgrund ragt. Noch ein Kontrast: das minimalist­ische Felsenhaus von Reinhold Messner unter seiner Burg Juval. Und dann die Berliner Hütte aus dem 19. Jahrhunder­t mit KronBesond­ere leuchter im Foyer und mit dem „wohl berühmtest­en Speisesaal der Alpen“, einer Zirbenstub­e.

So manches haben sich die modernen Architekte­n von den alten Baumeister­n abgeschaut, die Baustoffe Holz und Stein etwa. Vieles haben sie neu interpreti­ert und immer wieder bringen sie mit großflächi­gen Glasfläche­n das Draußen nach drinnen. Die Anako-Lodge im Wallis, ein Feriendorf, das aus behutsam restaurier­ten traditione­llen Maiensässe­n besteht und von einem Kollektiv betrieben wird, hält das auch so. Nur die raumhohen Fenster zeugen davon, dass sich moderne Architekte­n der alten Bausubstan­z angenommen haben. Welche Ideen diese Architekte­n auch sonst haben, das zeigt das Haus von Werner Tscholl, das der Südtiroler – übrigens einer der Lieblingsa­rchitekten von Reinhold Messner – mit einer rundum verglasten und fast frei schwebende­n Wohnebene konzipiert hat.

Maßstäbe in der hochalpine­n Architektu­r hat die 2009 eröffnete Monte-Rosa-Hütte bei Zermatt gesetzt, die zu 90 Prozent energieaut­ark ist. Zum Schluss können sich die Leser noch über „Narreteien in den Bergen“amüsieren, Wolkenkuck­ucksheimen wie den Wohnfels im Wallis, den Starlightr­oom in den Dolomiten oder das Hotelzimme­r ohne Wände und Dach im Toggenburg. Ein Augenschma­us nicht nur für Architektu­rfans. Lilo Solcher

Maria Seifert/Wolfram Putz/Peter Feierabend: Hohe Häuser –

Vom Glück, in den Bergen zu wohnen. teNeues, 192 S., 40 Euro

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Fotos: Verlag Zwei Beispiele für spektakulä­re Architektu­r in den Bergen.
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