„Topverdiener im Sport sollen ihren Vereinen helfen“
Sportbund-Präsident Hörmann mahnt in der Corona-Krise Solidarität an
Der Profi-Fußball hat sich mit schnellen Maßnahmen zuletzt schwergetan. Wie haben Sie diese Hängepartie in den vergangenen Tagen wahrgenommen?
Alfons Hörmann: Da spielen die wirtschaftlichen Konsequenzen sicher eine entscheidende Rolle, und es fällt naturgemäß nicht leicht, auf die gewohnten Einnahmen zu verzichten. Bei der hochdynamischen Entwicklung der Situation in den vergangenen Tagen ist es auch alles andere als einfach, so weitreichende Entscheidungen jeweils sehr schnell zu treffen.
Rund 750 Millionen Euro drohen dem Profi-Fußball zu entgehen. Sollten nicht auch hoch bezahlte Profis zur Kasse gebeten werden – in Form eines Corona-Solidaritätszuschlages oder Fonds?
Hörmann: Das liegt natürlich nicht in unserem Entscheidungsbereich, aber diese Idee macht durchaus Sinn. In einer derartigen Krise, wie wir sie jetzt in diesen Wochen haben, ist unter anderem auch eine hohe Eigenverantwortung und ein hohes Maß an Solidarität, insbesondere bei den Vorbildern unserer Gesellschaft, gefragt. Deshalb sehe ich die Topverdiener im Sport nun schon in einer besonderen Verantwortung, ihren Vereinen und deren Mitarbeitern, in welcher Form auch immer, aktiv zu helfen.
Viele Sportler sind noch nicht für Olympia qualifiziert. Wie schätzen Sie diese Situation ein und wie kann darauf reagiert werden?
Hörmann: Das ist ein Problem, das ich als einfach lösbar einschätze. Die Nominierungskriterien für das Team Deutschland können entsprechend flexibel angepasst werden, sofern Qualifikationswettkämpfe nicht vollumfänglich stattfinden. Zudem wird auch das IOC mit der Anpassung von Qualifikationen darauf reagieren. Das ist sicher die derzeit kleinste Sorge, die uns beschäftigt.
Für wie realistisch halten Sie, dass Tokio 2020 wie geplant am 24. Juli eröffnet wird?
Hörmann: Spekulationen helfen uns dazu nicht weiter, sondern wir sollten in vollem Umfang auf das IOC vertrauen, das sehr eng mit der Weltgesundheitsorganisation WHO zusammenarbeitet. Letztlich wird in einigen Wochen eine klare Entscheidung zu treffen sein. Dies vor dem Hintergrund, ob die weltweite Situation der Corona-Pandemie eine verantwortliche Umsetzung zulässt oder eben nicht.
Öffentlich wird bereits harsch die IOC-Linie kritisiert. Können Sie verstehen, dass das IOC über vier Monate vor dem Start derzeit noch versucht, die Ruhe zu bewahren?
Hörmann: Ich habe Verständnis für diese Kritik, aber auch für die aktuelle Vorgehensweise des Internationalen Olympischen Komitees in der Form, dass eben Schritt für Schritt zu prüfen ist, was in einer solch schwierigen und einmaligen Situation zu tun oder zu lassen ist. So oder so ist das eine sehr weitreichende Entscheidung, weil die weltweite Sportfamilie massiv davon betroffen sein wird.