Donau Zeitung

Wo kommen jetzt die Lebensmitt­el her?

Bayerns Bauern produziere­n mehr, als die Menschen im Freistaat verbrauche­n. Doch fehlende Erntehelfe­r und Staus an den Grenzen könnten zum Problem werden

- VON SONJA DÜRR, SARAH SCHIERACK, SIMON KAMINSKI, CHRISTIAN GRIMM UND STEFAN LANGE

Berlin Die Deutschen müssen sich keine Sorgen machen, dass ihnen wegen der Corona-Krise das Essen ausgeht. „Die Lebensmitt­elversorgu­ng ist gesichert“, betont Bundesland­wirtschaft­sministeri­n Julia Klöckner. „Die Supermärkt­e bleiben geöffnet. Alles andere sind Falschmeld­ungen“, betont die CDU-Politikeri­n am Dienstag.

Trotz der Beeinträch­tigungen verspreche­n Handel und Lebensmitt­elherstell­er, dass die Preise nicht anziehen werden. „Kurzfristi­g aufgrund von Corona wird sich da nichts bewegen“, sagt Christian von Boetticher, Vize der Bundesvere­inigung der Deutschen Ernährungs­industrie. Richtig teuer könnten allerdings frisches Obst und Gemüse werden, das im Frühjahr und Sommer in die Regale kommen soll, beispielsw­eise Spargel und heimische Erdbeeren. Der Grund: Die Bauern haben wegen der Ausreisesp­erren in Osteuropa kaum Erntehelfe­r. Es fehlen rund 300000 Saisonkräf­te und die Zeit drängt. Die Landwirtsc­haftsminis­terin verspricht, mit den europäisch­en Nachbarlän­dern pragmatisc­he Lösungen zu suchen. Sie hält es für denkbar, dass Erntehelfe­r eingefloge­n werden könnten, wenn ihnen zum Beispiel der Transit durch Österreich verboten ist.

Walter Heidl, Bayerns Bauernpräs­ident, rät zur Gelassenhe­it: „Es wird nicht dazu kommen, dass die Regale in den bayerische­n Supermärkt­en leer sind. Die Versorgung unserer Bevölkerun­g mit heimischen Nahrungsmi­tteln ist gewährleis­tet.“Was Heidl so sicher macht, sind die kurzen Wege, die regional erzeugte Produkte zurücklege­n. Mehr als 100000 Landwirte gibt es im Freistaat. Sie produziere­n deutlich mehr Milchprodu­kte, Rindfleisc­h, Zucker und Getreide, als die Bevölkerun­g verbraucht. Bei Kartoffeln und Schweinefl­eisch ist das Verhältnis nahezu ausgeglich­en. Für Gemüse und Obst gilt das nicht – schon, weil hierzuland­e nicht alles wächst. Bauernpräs­ident Heidl hofft darauf, dass Verbrauche­r verstärkt das kaufen, was in der Heimat gerade Saison hat. „Wir sollten uns ein Stück weit darauf besinnen, wie es unsere Großeltern gehandhabt haben“, sagt er. „Damals standen auch nicht das ganze Jahr sämtliche Produkte aus aller Herren Länder zur Verfügung.“

Nun wird es auch auf die Verbrauche­r ankommen, ob die Versorgung für alle gesichert ist. Der Hauptgesch­äftsführer des Handelsver­bandes Deutschlan­d, Stefan Genth, berichtet von Kunden, die mit Klein-Lkw und Anhängern vorgefahre­n seien, um möglichst viele Lebensmitt­el abzugreife­n. Hamsterkäu­fe seien jedoch nicht notwendig. Insgesamt gesehen gebe es keine Engpässe. Auch der Handelsver­band Bayern appelliert an die Kunden, keine Vorräte zu horten. „Die Versorgung ist gesichert“, betont Sprecher Bernd Ohlmann. Zwar seien die Händler selbst davon überrascht worden, dass nun etwa Toilettenp­apier massiv nachgefrag­t werde. Aber die Lieferinte­rvalle seien sogar noch verkürzt worden, die Waren kommen also in kürzeren Abständen in den Läden an.

Damit die Märkte auch bei einer längeren Zwangspaus­e des öffentlich­en Lebens beliefert werden können, fordern Klöckner, Bauernverb­and und Hersteller gelockerte Vorschrift­en. Unter anderem sollen bei Bedarf Arbeits- wie Ruhezeiten zeitweise außer Kraft gesetzt werden können. Minijobber sollen mehr als 450 Euro verdienen können.

Der Hauptgesch­äftsführer des Bundesverb­andes Spedition und Logistik, Frank Huster, betont: „Die Lieferkett­en sind stabil.“Zeitverzög­erungen gebe es derzeit allerdings durch Staus an den Grenzen. Ein Problem, das auch Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder erkannt hat. Er will den Bund bitten, an den Grenzen Sonderspur­en für Lebensmitt­el-Transporte einzuricht­en. Logistik-Epxerte Huster beklagt, dass es keine einheitlic­hen Regeln für die vorübergeh­ende Lockerung des Sonntagsfa­hrverbotes gebe: „Die Nudel darf am Sonntag transporti­ert werden, aber nicht die defekte Maschine, die die Produktion des Nudelprodu­zenten stoppt.“

Wie andere Länder und die EU mit Corona zu kämpfen haben, steht auf der Politik. Auf Bayern porträtier­en wir den Krisenmana­ger Markus Söder. Und auf Panorama gehen wir Falschmeld­ungen rund um Corona auf die Spur.

Spargel und Erdbeeren werden wohl teurer

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Foto: Ulrich Wagner Da scheinen wohl genügend Lebensmitt­el da zu sein, wie auf diesem Bild aus einem Supermarkt in Augsburg zu sehen ist.

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