Wo kommen jetzt die Lebensmittel her?
Bayerns Bauern produzieren mehr, als die Menschen im Freistaat verbrauchen. Doch fehlende Erntehelfer und Staus an den Grenzen könnten zum Problem werden
Berlin Die Deutschen müssen sich keine Sorgen machen, dass ihnen wegen der Corona-Krise das Essen ausgeht. „Die Lebensmittelversorgung ist gesichert“, betont Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner. „Die Supermärkte bleiben geöffnet. Alles andere sind Falschmeldungen“, betont die CDU-Politikerin am Dienstag.
Trotz der Beeinträchtigungen versprechen Handel und Lebensmittelhersteller, dass die Preise nicht anziehen werden. „Kurzfristig aufgrund von Corona wird sich da nichts bewegen“, sagt Christian von Boetticher, Vize der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie. Richtig teuer könnten allerdings frisches Obst und Gemüse werden, das im Frühjahr und Sommer in die Regale kommen soll, beispielsweise Spargel und heimische Erdbeeren. Der Grund: Die Bauern haben wegen der Ausreisesperren in Osteuropa kaum Erntehelfer. Es fehlen rund 300000 Saisonkräfte und die Zeit drängt. Die Landwirtschaftsministerin verspricht, mit den europäischen Nachbarländern pragmatische Lösungen zu suchen. Sie hält es für denkbar, dass Erntehelfer eingeflogen werden könnten, wenn ihnen zum Beispiel der Transit durch Österreich verboten ist.
Walter Heidl, Bayerns Bauernpräsident, rät zur Gelassenheit: „Es wird nicht dazu kommen, dass die Regale in den bayerischen Supermärkten leer sind. Die Versorgung unserer Bevölkerung mit heimischen Nahrungsmitteln ist gewährleistet.“Was Heidl so sicher macht, sind die kurzen Wege, die regional erzeugte Produkte zurücklegen. Mehr als 100000 Landwirte gibt es im Freistaat. Sie produzieren deutlich mehr Milchprodukte, Rindfleisch, Zucker und Getreide, als die Bevölkerung verbraucht. Bei Kartoffeln und Schweinefleisch ist das Verhältnis nahezu ausgeglichen. Für Gemüse und Obst gilt das nicht – schon, weil hierzulande nicht alles wächst. Bauernpräsident Heidl hofft darauf, dass Verbraucher verstärkt das kaufen, was in der Heimat gerade Saison hat. „Wir sollten uns ein Stück weit darauf besinnen, wie es unsere Großeltern gehandhabt haben“, sagt er. „Damals standen auch nicht das ganze Jahr sämtliche Produkte aus aller Herren Länder zur Verfügung.“
Nun wird es auch auf die Verbraucher ankommen, ob die Versorgung für alle gesichert ist. Der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland, Stefan Genth, berichtet von Kunden, die mit Klein-Lkw und Anhängern vorgefahren seien, um möglichst viele Lebensmittel abzugreifen. Hamsterkäufe seien jedoch nicht notwendig. Insgesamt gesehen gebe es keine Engpässe. Auch der Handelsverband Bayern appelliert an die Kunden, keine Vorräte zu horten. „Die Versorgung ist gesichert“, betont Sprecher Bernd Ohlmann. Zwar seien die Händler selbst davon überrascht worden, dass nun etwa Toilettenpapier massiv nachgefragt werde. Aber die Lieferintervalle seien sogar noch verkürzt worden, die Waren kommen also in kürzeren Abständen in den Läden an.
Damit die Märkte auch bei einer längeren Zwangspause des öffentlichen Lebens beliefert werden können, fordern Klöckner, Bauernverband und Hersteller gelockerte Vorschriften. Unter anderem sollen bei Bedarf Arbeits- wie Ruhezeiten zeitweise außer Kraft gesetzt werden können. Minijobber sollen mehr als 450 Euro verdienen können.
Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Spedition und Logistik, Frank Huster, betont: „Die Lieferketten sind stabil.“Zeitverzögerungen gebe es derzeit allerdings durch Staus an den Grenzen. Ein Problem, das auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder erkannt hat. Er will den Bund bitten, an den Grenzen Sonderspuren für Lebensmittel-Transporte einzurichten. Logistik-Epxerte Huster beklagt, dass es keine einheitlichen Regeln für die vorübergehende Lockerung des Sonntagsfahrverbotes gebe: „Die Nudel darf am Sonntag transportiert werden, aber nicht die defekte Maschine, die die Produktion des Nudelproduzenten stoppt.“
Wie andere Länder und die EU mit Corona zu kämpfen haben, steht auf der Politik. Auf Bayern porträtieren wir den Krisenmanager Markus Söder. Und auf Panorama gehen wir Falschmeldungen rund um Corona auf die Spur.
Spargel und Erdbeeren werden wohl teurer