Der große Ansturm ist vorbei
An der Grenze zu Griechenland geben viele Flüchtlinge auf
Istanbul Gut zwei Wochen nach Öffnung der türkischen Landgrenze zu Griechenland für Flüchtlinge ist der große Ansturm am Grenzfluss Maritza nahe der Stadt Edirne vorbei. Weil die griechischen Grenztruppen mithilfe der Grenzschutzagentur Frontex die Flüchtlinge abblocken, geben immer mehr Migranten auf und kehren nach Istanbul oder in andere türkische Städte zurück.
Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte die Grenztore zu Griechenland am 28. Februar nach dem Tod von 34 türkischen Soldaten bei Gefechten in der syrischen Provinz Idlib geöffnet. Er wollte die EU damit zwingen, sich im Syrien-Konflikt stärker zu engagieren. Zudem fordert die Türkei, Europa müsse seine Zusagen aus dem Flüchtlingsabkommen von 2016 einhalten. Damals hatte die EU die Visafreiheit für Türken bei Reisen in Europa in Aussicht gestellt. Daraus ist nichts geworden. Sein Land habe bereits 3,6 Millionen Syrer aufgenommen und könne die Last nicht mehr alleine tragen, sagt Erdogan. Die Türkei befürchtet einen Massenansturm aus dem Kriegsgebiet um Idlib.
Nun hat sich Kanzlerin Angela Merkel in einem Syrien-Gipfel mit Erdogan zu einer Aufstockung der EU-Mittel für die Versorgung von Flüchtlingen in der Türkei bereiterklärt. In der Videokonferenz, an der auch der französische Präsident Emmanuel Macron und der britische Premierminister Boris Johnson teilnahmen, habe man sich klar zu dem Flüchtlingspakt zwischen der EU und der Türkei bekannt. Man dürfe auch die auf Eis gelegten Gespräche über eine Ausweitung der Zollunion zwischen der EU und der Türkei „nicht aus den Augen verlieren“, sagte Merkel am Dienstag.
Erdogans scharfe Rhetorik – er hat griechische Grenztruppen mit Nazis verglichen – ließ bisher die Bereitschaft der Europäer zu Kompromissen sinken. Nach Einschätzung von Marc Pierini, Ex-EU-Botschafter in Ankara, wird die Türkei am Ende die Grenzöffnung rückgängig machen müssen, wenn sie sich mit den Europäern einigen will. Medienberichten zufolge harren noch rund 10 000 Flüchtlinge an der Grenze aus.