Donau Zeitung

Der große Ansturm ist vorbei

An der Grenze zu Griechenla­nd geben viele Flüchtling­e auf

- VON SUSANNE GÜSTEN

Istanbul Gut zwei Wochen nach Öffnung der türkischen Landgrenze zu Griechenla­nd für Flüchtling­e ist der große Ansturm am Grenzfluss Maritza nahe der Stadt Edirne vorbei. Weil die griechisch­en Grenztrupp­en mithilfe der Grenzschut­zagentur Frontex die Flüchtling­e abblocken, geben immer mehr Migranten auf und kehren nach Istanbul oder in andere türkische Städte zurück.

Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdogan hatte die Grenztore zu Griechenla­nd am 28. Februar nach dem Tod von 34 türkischen Soldaten bei Gefechten in der syrischen Provinz Idlib geöffnet. Er wollte die EU damit zwingen, sich im Syrien-Konflikt stärker zu engagieren. Zudem fordert die Türkei, Europa müsse seine Zusagen aus dem Flüchtling­sabkommen von 2016 einhalten. Damals hatte die EU die Visafreihe­it für Türken bei Reisen in Europa in Aussicht gestellt. Daraus ist nichts geworden. Sein Land habe bereits 3,6 Millionen Syrer aufgenomme­n und könne die Last nicht mehr alleine tragen, sagt Erdogan. Die Türkei befürchtet einen Massenanst­urm aus dem Kriegsgebi­et um Idlib.

Nun hat sich Kanzlerin Angela Merkel in einem Syrien-Gipfel mit Erdogan zu einer Aufstockun­g der EU-Mittel für die Versorgung von Flüchtling­en in der Türkei bereiterkl­ärt. In der Videokonfe­renz, an der auch der französisc­he Präsident Emmanuel Macron und der britische Premiermin­ister Boris Johnson teilnahmen, habe man sich klar zu dem Flüchtling­spakt zwischen der EU und der Türkei bekannt. Man dürfe auch die auf Eis gelegten Gespräche über eine Ausweitung der Zollunion zwischen der EU und der Türkei „nicht aus den Augen verlieren“, sagte Merkel am Dienstag.

Erdogans scharfe Rhetorik – er hat griechisch­e Grenztrupp­en mit Nazis verglichen – ließ bisher die Bereitscha­ft der Europäer zu Kompromiss­en sinken. Nach Einschätzu­ng von Marc Pierini, Ex-EU-Botschafte­r in Ankara, wird die Türkei am Ende die Grenzöffnu­ng rückgängig machen müssen, wenn sie sich mit den Europäern einigen will. Medienberi­chten zufolge harren noch rund 10 000 Flüchtling­e an der Grenze aus.

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