„Eine Katastrophe“
Handelsverband fürchtet, dass viele Läden wegen der Krise Insolvenz anmelden
Herr Ohlmann, ab Mittwoch muss der Großteil der Läden in Bayern schließen. Wie ist die Lage bei Ihnen? Bernd Ohlmann: Wirklich dramatisch. Der bayerische Einzelhandel macht aktuell Umsatzverluste von 185 Millionen Euro pro Tag. Ausgenommen ist davon nur der Lebensmittelhandel. Und die Betriebe, die jetzt betroffen sind, hatten ja schon an den Tagen vorher Umsatzeinbußen von 30 bis 40 Prozent. Dass sie jetzt die Läden komplett dichtmachen müssen, ist eine Katastrophe. Ich rechne damit, dass ab April die ersten Geschäfte Insolvenz anmelden.
Die Staatsregierung hat umfassende Hilfen angekündigt. Hilft das über die erste Durststrecke hinweg?
Ohlmann: Der Rettungsschirm reicht bei weitem nicht aus. Gerade bei vielen kleinen Geschäften, bei denen das Finanzpolster nicht so groß ist, geht es um das nackte Überleben. Wenn die Situation anhält, können wir die Planierraupen für die Innenstädte bestellen. Bei mir rufen Leute an, die den Tränen nah sind. Die wissen einfach nicht mehr, was sie machen sollen, weil die Lage so verzweifelt ist.
Was raten Sie den Händlern? Ohlmann: Ich versuche, sie zu beruhigen. Manche sind sehr aufgelöst. Und ich rate, die Folgen aktuell mit den Möglichkeiten abzumildern, die die Politik uns gibt: mit Bürgschaften, Steuerstundungen oder Kurzarbeitergeld. Aber wie gesagt: Das reicht bei weitem nicht aus.
Wo ist die Lage besonders extrem? Ohlmann: Sehr hart trifft es den Textilhandel. Eigentlich sollte jetzt die Frühjahrsmode in den Geschäften hängen. Wir appellieren an unsere Lieferanten, nicht mehr zu liefern. Wir brauchen die Ware nicht mehr. Wir können sie gar nicht bezahlen und wir haben keine Kunden, an die wir sie verkaufen können.
Wie viele Geschäfte bekommen diese Einschnitte nun zu spüren?
Ohlmann: Wenn wir davon ausgehen, dass es die kleinen, mittelständischen Betriebe am härtesten trifft, reden wir von 40000 Betrieben. Aber auch die größeren Geschäfte geraten unter Druck. Aber sie können eine Durststrecke eher überstehen. als die kleinen.
Bernd Ohlmann ist Sprecher des Handelsverbands Bayern. Er vertritt rund 60 000 Betriebe mit 330 000 Beschäftigten.