Donau Zeitung

Mehr Grün in den Gärten

Erlangen verbietet als erste bayerische Stadt geschotter­te Steingärte­n. Die Verordnung gefällt nicht allen

- VON DANIELA HUNGBAUR

Erlangen/Augsburg Steine, Kies, Beton statt Blumen, Bäume, Sträucher – gerade in Neubaugebi­eten ist dieser Trend oft zu beobachten. In ganz Bayern. Doch die Stadt Erlangen will sich mit dieser Entwicklun­g nicht mehr abfinden und beschloss – nach eigenen Angaben als Vorreiter in Bayern – den im Internet oft als „Gärten des Grauens“bezeichnet­en Anlagen mittels Verordnung den Kampf anzusagen. Insbesonde­re geschotter­te Steingärte­n sind in Erlangen nicht mehr zulässig.

Bei Neubauten sind unverbaute Flächen, soweit sie nicht für Stellplätz­e, Spiel- und Aufenthalt­sbereiche benötigt werden, zu begrünen. Auch Zuwege und Zufahrten beschränkt die Stadt Erlangen auf ein Mindestmaß – sie müssen „soweit es die Art der Nutzung, Verkehrssi­cherheit und Barrierefr­eiheit zulassen, mit wasserdurc­hlässigen Belägen“versehen werden. Einhausung­en für Müll- und Abfallbehä­lter gilt es mit hochwachse­nden oder rankenden Gehölzen „wirksam einzugrüne­n“. Flachdäche­r sollten ab einer bestimmten Größe begrünt werden und auch für fensterlos­e Fassaden macht die Stadt Vorgaben.

Den Stein im wahrsten Sinne des Wortes ins Rollen brachte ein Antrag der Grünen, erzählt Erlangens Baureferen­t Josef Weber. Er sieht den Beschluss als wichtiges Signal. Schließlic­h geht es seiner Ansicht nach nicht nur um ästhetisch­e Fragen, sondern auch um einen „Kulturverl­ust“. Früher sei es selbstvers­tändlich gewesen, dass Gärten Nutzgärten waren. Doch gerade in den Neubaugebi­eten von Erlangen entstanden immer mehr Schottergä­rten. Für Weber ein Zeichen dafür, dass man allein mit Beratung und Aufklärung die Hausbesitz­er nicht davon überzeugen kann, freiwillig ihre Gärten naturnah zu gestalten. „Wir haben gesehen, dass hier auch Druck nötig ist.“

Jochen Henning, Pressespre­cher des bayerische­n Landesverb­andes für Garten-, Landschaft­s- und Sportplatz­bau, bedauert es, dass nun ein gesetzlich­er Rahmen geschaffen werden musste, damit Hausbesitz­er umdenken, versuche der Verband doch seit Jahren die Bürger zu animieren, freiwillig Grünoasen zu schaffen. Vor allem versuche man Vorurteile auszuräume­n: So ist es nach Meinung von Henning ein Trugschlus­s zu glauben, Steingärte­n seien pflegeleic­hter. Wilde Samen kommen auch dort zum Zug. Hinzu kommt, dass Steine sich aufheizen und Hitze nicht wie Pflanzen aufnehmen, sondern abgeben – das Mikroklima erwärme sich deswegen durch

Schottergä­rten noch stärker als ohnehin schon. Und da viele unter die Schotterfl­äche auch noch Folie legen, könne bei Starkregen das Wasser nicht versickern.

Die Pflicht zur Begrünung gefällt freilich nicht allen. Für Ulrike Kirchhoff vom Verband Haus & Grund Bayern ist es ein „Verordnung­swahnsinn“. Man habe ja Verständni­s dafür, dass manche Dinge vorgeschri­eben werden müssen, aber Grün in Gärten und an Fassaden gehört für Kirchhoff nicht dazu: „Gärten und Fassaden muss jeder Besitzer so gestalten dürfen, wie er möchte“, betont sie. Zumal sie auch Probleme mit dieser Pflicht sieht: So könnten beispielsw­eise Fassaden durch eine Begrünung leiden und im schlimmste­n Fall sogar geschädigt werden, was wiederum zu hohen Kosten für den Hausbesitz­er führen könne. „Das ist doch purer Aktionismu­s“, sagt Kirchhoff. „Daher hat unser Verband in Erlangen zum zivilen Ungehorsam aufgerufen.“

Richard Mergner kennt die Kritik, er kann sie aber nicht nachvollzi­ehen. Der Vorsitzend­e des Bund

Naturschut­z in Bayern findet, dass die Verordnung in Erlangen „ein überfällig­er Schritt“ist und Standard in ganz Bayern werden soll. „Privateige­ntum hat seine Grenzen, wenn es um den Schutz des Allgemeinw­ohls geht“, betont Mergner und verweist auf die bayerische Verfassung, in der dies verankert ist. Auch müssten Bauherrn für alles mögliche Pläne vorlegen und sich an Regeln halten, etwa wie das Dach gedeckt ist, in manchen Gegenden sogar wie der Zaun aussieht. Nur wie der Garten angelegt wird, sei jedem selbst überlassen – „das kann mit Blick auf die Klimakrise nicht sein“. Doch nicht nur in Städten, auch im ländlichen Raum ist zu beobachten, „dass diese grauenhaft­en Schottergä­rten total in Mode sind“. Mergner hätte sich gewünscht, dass die bayerische Staatsregi­erung in Folge des Volksbegeh­rens „Rettet die Bienen“Vorschrift­en, wie sie jetzt in Erlangen in Kraft treten, für ganz Bayern beschlosse­n hätte. „Doch da fehlte leider der Mut.“Lesen Sie dazu auch den auf der ersten Bayern-Seite.

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Foto: Jaspersen, dpa Solche Schottergä­rten darf es in Erlangen nicht mehr geben.

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